News | Westafrika Eine neue Währung für die Allianz der Sahel-Staaten?

Wie sich Mali, Burkina Faso und Niger von französischer Bevormundung befreien wollen

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Dolly Afoumba,

Die Staatschefs von Mali, Assimi Goïta, Burkina Faso, Hauptmann Ibrahim Traoré und Niger, General Abdourahamane Tiani, während des ersten ordentlichen Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der Allianz der Sahel-Staaten (AES) in Niamey, Niger, am 6. Juli 2024. Die drei Militärs hatten im September 20023 die AES gegründet.  Foto: picture alliance / REUTERS | Mahamadou Hamidou

Als Oberst Assimi Goïta im August 2020 in Mali gegen den damaligen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta und im Mai 2021 gegen den Interimspräsidenten putschte, war noch nicht abzusehen, dass es ihm Militärs in weiteren Staaten Westafrikas gleichtun würden. Allein 2022 kam es zu zwei Putschen in Burkina Faso, wo nun Offizier Ibrahim Traoré regiert, und 2023 zum Staatsstreich in Niger, das seitdem von Brigadegeneral Abdourahamane Tiani geführt wird. Vor den Putschen hatte es in Mali und Burkina Faso Massenproteste gegen die Regierung gegeben, genährt aus dem lange gewachsenen Wunsch, endlich ein würdiges Leben führen zu können. Dass das Militär sich jeweils einschaltete und mehr Sicherheit angesichts des zunehmenden dschihadistischen Terrors und anderer bewaffneter Gruppen versprach, stieß daher auf Zustimmung. Die Militärs, im Gegensatz zu den vorherigen gewählten Regierungen, konnten im Kampf gegen den Terrorismus immerhin auf Erfahrungen zurückgreifen, was die Hoffnung auf eine Verbesserung der Sicherheitslage nährte.

Die Militärregierungen in Burkina Faso, Mali und Niger bauen ihre Legitimität seit ihrer Machterlangung vor allem auf einem Diskurs auf, der die Souveränität des Landes in den Mittelpunkt stellt: Sie wecken Hoffnung auf eine längst überfällige Selbstbestimmung der Länder. Dabei können sie sich auf gefestigte antifranzösische Einstellungen stützen, die auch über die drei Länder hinaus im frankofonen Westafrika verbreitet sind, weil der französische Einfluss auf die ehemaligen Kolonien nach wie vor sehr groß ist. Doch das Versprechen von mehr Sicherheit und einem selbstbestimmteren Leben wird begleitet von tiefen ökonomischen Krisen, von Repressionen gegen Kritiker*innen und einer Zunahme dschihadistischen Terrors, vor allem in Burkina Faso. Aufgrund der Erfahrungen mit neoliberalen Regierungen, die insbesondere durch eine Fassaden-Demokratie, Korruption und eine sich ständig verschlechternde sozioökonomische Lage gekennzeichnet waren, glauben besonders in Mali weiterhin viele Menschen daran, dass das autoritäre Durchgreifen der Regierung Goïtas ihr Leben endlich positiv verändern wird.

Im September 2023 hatten die drei Militärs die Allianz der Sahelstaaten gegründet, zunächst ein Verteidigungsbündnis. Im Juli 2024 verkündeten sie nun die Bildung einer Konföderation und damit die tatsächliche Loslösung von der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS. Wirtschaftshistorikerin Dolly Afoumba kommentiert, wie wahrscheinlich vor diesem Hintergrund der Ausstieg Malis, Burkina Fasos und Nigers aus der Kolonialwährung CFA-Franc ist.

Afoumba Dolly Katiutia ist Doktorandin der Wirtschaftsgeschichte an der Philipps-Universität Marburg.

«Wir haben verstanden, dass der Kampf gegen den Imperialismus hart wird […]. Wir werden entweder souverän oder für immer versklavt sein», konstatierte Hauptmann Ibrahim Traoré im Februar 2024, der seit dem Militärputsch im September 2022 Übergangspräsident Burkina Fasos ist. In seiner «Ansprache an die Jugend» erklärte er im August 2023, dass es heute in der Sahelzone um «Souveränität» gegen «Imperialismus» gehe. Souveränität, so der ivorische Ökonom Nicolas Agbohou, könne durch drei wesentliche Elemente erreicht werden: Währung, Verteidigung und Verfassung. Laut seinem Kollegen David Assiba Johnson aus Togo müsse dieser Dreischritt stufenweise umgesetzt werden, wobei die Verteidigung am Anfang zu stehen habe. Denn der Fehler früherer afrikanischer Revolutionär*innen sei es gewesen, die Währung zum Ausgangspunkt der Transformation zu machen, bevor man sich mit Sicherheitsfragen beschäftigt habe. Diese Erkenntnis dürfte die Reformen der Militärregierungen in Mali, Niger und Burkina Faso seit dem Abzug der französischen und europäischen Truppen inspiriert haben.

Diese drei Länder haben im September 2023 mit der Unterzeichnung der Liptako-Gourma-Charta die Allianz der Sahelstaaten (Alliance des États du Sahel, AES) gegründet. Der gegenseitige Verteidigungspakt ist als erster Schritt einer politisch-ökonomischen Entflechtung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) und auch als Bruch mit Frankreich zu verstehen. Er soll im Sinne des genannten Souveränitätsdreischritts zu einem Wirtschafts- und Währungsbündnis weiterentwickelt werden. Mindestens Ersteres wird mit der Gründung einer Konföderation Anfang Juli anvisiert. Am 28. Januar 2024 verkündete die AES ihren «sofortigen» Austritt aus der ECOWAS, nachdem diese Sanktionen verhängt und militärische Schritte gegen die nigrische Militärregierung angekündigt hatte. Als weiteren Bruch mit dem Bestehenden ist die Ankündigung einer neuen Währung zu verstehen, denn diese sei, so der nigrische «Übergangspräsident» Abdourahamane Tiani, «ein Schritt raus aus dieser Kolonialisierung», Expert*innen der drei Länder würden bereits am Ausstieg aus der regionalen Währung CFA-Franc arbeiten.

Diese Ankündigung ist als Sicherung der Währungssouveränität zu werten und stellt eine direkte Reaktion auf zwei zentrale Sanktionen der ECOWAS gegenüber Niger dar: die Schließung der Grenzen, verbunden mit Zugangsbeschränkungen zu den Häfen der Nachbarländer, sowie das Einfrieren der Vermögenswerte bei der Westafrikanischen Zentralbank (BCEAO). Zusätzlich wurden die finanziellen Reserven Nigers auf dem Operationskonto beim französischen Finanzministerium eingefroren. Trotz teilweiser Aufhebung dieser Sanktionen verfolgt die AES ihre Pläne weiter. Was ist von einem Ausstieg aus dem System des CFA zu erwarten?

Der CFA-Franc: Geschichte eines Instruments postkolonialer Abhängigkeit

Der CFA-Franc wurde 1945 in den west- und zentralafrikanischen französischen Kolonien eingeführt – laut Nicolas Agbohou (1999) als exakte Kopie der Währungspolitik des Deutschen Reiches im nationalsozialistisch besetzten Frankreich. Bis heute, 64 Jahre nach der Unabhängigkeit, ist der CFA-Franc in 15 west- und zentralafrikanischen Ländern gesetzliches Zahlungsmittel. Laut Heidrun Homburg (2003) verfolgte das Deutsche Reich in der ersten Phase der Besatzung Frankreichs eine Politik der hemmungslosen Ausbeutung und Ausplünderung mithilfe des Instruments des Wechselkurses. Diese Politik umfasste die systematische Kontrolle der Finanzwirtschaft, der Währung und des französischen Marktes, die Ernennung eines deutschen Kommissars in der französischen Zentralbank (Banque de France) und sogar die Eröffnung eines Verrechnungskontos für die Finanzierung von Lieferungen nach Deutschland. Sehr ähnliche Abhängigkeiten charakterisieren den Franc-CFA. Dabei bildet die Garantie der unbegrenzten Tauschbarkeit des CFA-Franc in den Französischen Franc bzw. später in den Euro die Grundlage für die ständige Einmischung Frankreichs in die Finanzpolitik der Unterzeichnerstaaten.

Die CFA-Franc-Zone umfasst a) die Inselgruppe der Komoren, b) sechs zentralafrikanische Staaten, nämlich Kamerun, Gabun, Republik Kongo, Äquatorialguinea, die Zentralafrikanische Republik und den Tschad, die zusammen die Zentralafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion (CEMAC) bilden, sowie c) acht westafrikanische Staaten, darunter Côte d’Ivoire, Senegal, Burkina Faso, Mali, Niger, Togo, Guinea-Bissau und Benin, die sich zur Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion (UEMOA) zusammengeschlossen haben. Die wirtschaftliche und finanzielle Bevormundung durch Frankreich ist sowohl in den Bestimmungen über die Währungsvereinbarungen zwischen Paris und den Ländern, die den CFA-Franc verwenden, als auch in den Statuten der Westafrikanischen Zentralbank (BCEAO), der Zentralafrikanischen Zentralbank (BEAC) und der Zentralbank der Komoren (BCC) verankert.

In den Jahren 1972 und 1973 unterzeichneten alle Regierungen in diesen drei Regionen Vereinbarungen zur währungspolitischen Zusammenarbeit mit Frankreich. Gemäß diesen Abkommen ist die Garantie der unbegrenzten Konvertierbarkeit des CFA-Franc in den Französischen Franc (FF) und später in den Euro sowie die Garantie der Währungsstabilität durch Frankreich an vier Grundprinzipien geknüpft: erstens den festen Wechselkurs des CFA-Franc gegenüber dem FF bzw. dem Euro (der jedoch nicht immer beibehalten wurde, was mehrfach zu Abwertungen führte, die entweder von Frankreich oder dem Internationalen Währungsfonds, IWF, ausgingen); zweitens die unbegrenzte Umtauschbarkeit des CFA-Franc in die Ankerwährung und drittens die Zentralisierung der Währungsreserven: Hierbei stellen die Mitgliedsländer ihre gesamten Devisenreserven ihren jeweiligen Zentralbanken zur Verfügung; die Banken überweisen wiederum einen bestimmten Prozentsatz dieser Reserven auf ein sogenanntes Operationskonto, ein Sonderkonto beim französischen Finanzministerium. Ende 2019 lagen auf diesen Konten nach Schätzungen des IWF fast 14,7 Milliarden Euro der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion und mehr als neun Milliarden Euro der Zentralafrikanischen Zentralbank. Durch diese Regelung sind die Staaten der Sahel-Allianz auch nach Aufhebung der Finanz- und Bankenblockade durch die ECOWAS auf die Wiederherstellung guter Beziehungen zu Frankreich angewiesen, um vollen Zugang zu ihren Devisenreserven zu erhalten. Der vierte Grundsatz der währungspolitischen Zusammenarbeit mit Frankreich ist schließlich der freie Kapitalverkehr, von dem die einzelnen Währungsgebiete untereinander allerdings nicht profitieren: Freier Kapitalverkehr gilt nur für Transfers aus einem der Währungsräume in das europäische Kontinentalfrankreich oder in Euroländer. Die drei Francs (Komoren, Zentral- und Westafrika) sind untereinander nicht ohne Weiteres austauschbar, sodass eine Person aus Yaoundé in Kamerun nicht mit ihrem CFA-Franc nach Lomé in Togo gehen und ihn dort ausgeben kann, ohne das Währungsroulette zu durchlaufen. Innerhalb der eigenen Subregion wäre dies möglich, funktioniert in der Praxis aber auch hier nicht immer reibungslos.

Zu diesen vier Grundsätzen kommt die Präsenz französischer Vertreter*innen in den Leitungsgremien der afrikanischen Zentralbanken hinzu. Das betrifft den Verwaltungsrat, den Rat für Geldpolitik und für den Bankenausschuss der Organisationen für währungspolitische Zusammenarbeit.

Der CFA-Franc wurde schon mehrfach totgesagt und unter verschiedenen Namen wiederbelebt. Aus dem ursprünglichen Franc des Colonies Françaises d’Afrique (Franc der französischen Kolonien in Afrika) wurde nach der Unabhängigkeit der Franc de la Communauté Financière Africaine (Franc der afrikanischen Finanzgemeinschaft) für Westafrika und der Franc de la Coopération Financière en Afrique (Franc für finanzielle Zusammenarbeit in Afrika) für Zentralafrika. Die neue Währung Eco, an deren Einführung die ECOWAS arbeitet, wird an der französischen Vormachtstellung in der Wirtschafts- und Währungspolitik nichts ändern.

Der CFA-Franc blockiert die wirtschaftliche Entwicklung der Mitgliedstaaten

Die größte finanzielle und wirtschaftliche Bevormundung durch das CFA-System besteht darin, dass der CFA-Franc in Bezug auf die Geld-, Haushalts- und Wechselkurspolitik direkt an die Wirtschaftspolitik der Eurozone gekoppelt ist. Die insgesamt 15 Staaten, die diese Währung verwenden, können ihren Wechselkurs weder an die Bedürfnisse ihrer Verbraucher*innen und Produzent*innen noch an die Markterfordernisse anpassen. Sie müssen sich strikt an die Vorgaben der Europäischen Zentralbank (EZB) halten, die ihnen statt einer Wachstumspolitik eine Politik der Inflationskontrolle (mit einem Inflationsziel von zwei Prozent) auferlegt. Im Haushaltsbereich muss jeder Staat eine Reihe von Konvergenzkriterien einhalten, die keinen Spielraum für eine flexible Geldpolitik lassen, so zum Beispiel eine auf 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) begrenzte Staatsschuldenquote.

Schulden erfordern strategische Planung und vernünftige Investitionen, um ihren Nutzen zu sichern. Die Staatsschuldenquote kann verhindern, dass zahlungsunfähige Regierungen einen Großteil ihres Haushalts für Schuldzinsen aufwenden, und kann ihnen als eine Leitplanke dienen. Die Schuldenquote könnte sogar nach unten korrigiert werden, damit sich weniger korrupte Regierungen in weniger entwickelten Ländern auf Maßnahmen konzentrieren können, die die inländische Selbstversorgung stärken, anstatt auf die einfache Möglichkeit der Kreditaufnahme zurückzugreifen. Für Länder wie Äquatorialguinea, die bereits positive Wachstumsindikatoren aufweisen, kann diese Quote jedoch auch eine Einschränkung darstellen. Das ölreiche Land, das das Pro-Kopf-BIP in der Subregion durch andere Einnahmequellen als Kredite erheblich steigern konnte, könnte in dieser Hinsicht Flexibilität benötigen. Denn dank des Vertrauens der Partner wäre der Zinssatz niedrig und das Land könnte die Kosten der Verschuldung leicht ausgleichen.

Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit dem CFA-System sind die potenziellen Gewinne, die den Staaten entgehen, weil sie – wie gesagt – verpflichtet sind, Devisenreserven auf einem gesperrten Konto bei der französischen Finanzagentur zu hinterlegen. So lagen Ende 2016 fast 4,9 Milliarden Euro auf dem französischen Operationskonto der Westafrikanischen Zentralbank. Offiziell stehen die Gelder den Ländern zur Verfügung; sie können aber von Frankreich blockiert werden, wie zum Beispiel im Rahmen der Sanktionen gegen Mali und Niger infolge der Militärputsche geschehen (Sylla/Pigeaud 2018).

Hinzu kommt, dass der CFA-Franc die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Teilregionen erschwert. Einer Studie des Internationalen Handelszentrums ITC zufolge ist «der Handel zwischen den ECOWAS-Mitgliedstaaten gering […], wobei 15 Prozent der Exporte in Mitgliedsländer gehen und die Importe aus denselben bei 5 Prozent liegen». Die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) schätzt den Anteil an Exporten auf nur zehn Prozent. Die subregionale Integration wäre für die wirtschaftliche Entwicklung der Region sehr wichtig, bleibt so aber ein unerfülltes Versprechen. Das Gleiche gilt für die Liberalisierung des Handels. Laut einer Studie der GIZ ist «der Handel in der Region derzeit durch hohe Transaktionskosten, Zölle, nichttarifäre Hemmnisse und mengenmäßige Beschränkungen […] sowie hohe Verwaltungskosten aufgrund nicht standardisierter und uneinheitlicher Handelsregeln und -praktiken gekennzeichnet». ECOWAS zufolge wird der Handel in der Subregion «von einer Reihe von Produkten dominiert […]. Diese Produkte machen ohne Wiederausfuhren drei Viertel (75 Prozent) aus und werden hauptsächlich von Nigeria (73 Prozent) geliefert […]. Auf Nigeria und Ghana entfallen zusammen 59 Prozent der Importe der Gemeinschaft gegenüber 36 Prozent für die acht Länder der UEMOA.»

Der Markt der CFA-Franc-Länder ist nach wie vor auf Produkte aus Ländern außerhalb der CFA-Zone angewiesen. In einem Interview mit Radio France Internationale (RFI) erklärte der ehemalige Berater des IWF für die UEMOA, Olivier Vallée, dass der Großteil des Marktbedarfs an Mehl, Weizen und Düngemitteln von Russland, den USA und Marokko gedeckt werde. Davon profitieren auch einige französische Unternehmen. Im Fall der Côte d’Ivoire stellt die Banque de France fest: «Im Jahr 2021 wird sich der Bestand an französischen Direktinvestitionen in der Côte d’Ivoire auf 3,2 Milliarden Euro belaufen […]. Damit ist Frankreich der größte Investor in diesem Land. Die Direktinvestitionen aus Frankreich belaufen sich auf durchschnittlich über 160 Millionen Euro pro Jahr (200 Millionen Euro im Jahr 2021) […]. Schätzungen zufolge gibt es rund 240 niedergelassene Tochtergesellschaften und etwa 1.000 von französischen Staatsbürger*innen gegründete und geführte Unternehmen ivorischen Rechts.» Zwar profitiert die Côte d’Ivoire von den Steuereinnahmen und der Dynamik der ausländischen Direktinvestitionen, doch die mit dem CFA-Franc verbundenen Prinzipien des freien Kapitalverkehrs und der Transaktionsfreiheit sowie der unbegrenzten Konvertierbarkeit kommen eher den französischen Unternehmen vor Ort als der ivorischen Bevölkerung zugute. Die von diesen Unternehmen erwirtschafteten Gewinne werden ohne den Kauf von Devisen in die französischen und europäischen Märkte abgeführt, zum Nachteil der afrikanischen Bevölkerung, der lediglich die Rolle von Konsument*innen zufällt. Die Vielzahl dieser Unternehmen in den CFA-Ländern lähmt zudem die lokale Produktion. Diese erhält aufgrund der Kreditbeschränkungen des CFA-Systems wenig Subventionen und muss gleichzeitig enorme Energie-, Transport- und Produktionskosten tragen, ohne dafür einen fairen Ausgleich zu erhalten. Eine Studie der Manssah-Gruppe kommt zu dem Schluss, dass «in den letzten 30 Jahren (1990–2022) die Länder außerhalb der CFA-Zone ein höheres Pro-Kopf-Einkommen (4.000–6.000 CFA-Franc) als die Länder der CFA-Zone […] erzielt haben, während die UEMOA-Zone das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen aufweist (konstant bei 2.000 CFA-Franc pro Kopf)».

Die bisherige Entwicklung zeigt, dass die Mitgliedsländer kaum vom CFA-System profitieren. Statt für finanzielle Dynamik zu sorgen, kämpfen sie damit allenfalls ums wirtschaftliche Überleben. Das Bestreben einiger Staaten, mit diesem System zu «brechen» und ihre Wirtschaftsorganisation auf das Ziel einer internen Selbstversorgung umzustellen, ist vor diesem Hintergrund verständlich.

Eine eigene Währung braucht politische und wirtschaftliche Stabilität

Doch der Weg aus dem CFA-System heraus ist steinig. Mali, heute Teil der Sahel-Allianz, kann bereits auf 22 Jahre Erfahrung mit einer eigenen Währung zurückblicken. Im März 1962 schloss das Land ein Abkommen mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich, das die französische Bevormundung in Wirtschaftsfragen aufhob. Von da an verfügte Mali über eine eigene Währung und eine eigene Zentralbank. Nach der Einführung des Mali-Franc waren die politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Verwaltung einer nationalen Währung zunächst gegeben. Bereits ein Jahr später führten die gesellschaftspolitische Instabilität, der geringe Investitionserfolg und die Uneinigkeit mit den Nachbarländern zu einer Abwertung der Währung und 1967 zu einer noch stärkeren Entwertung um 50 Prozent. Letztere löste große soziale Unruhen aus, die 1968 zum Staatsstreich von Moussa Traoré gegen Modibo Keïta führten, der seinerseits 1991 von Amadou Toumani Touré gestürzt wurde. Das Land steckte in der Bredouille, konnte seine Währung nicht verwalten und musste schließlich im Februar 1984 in die französisch dominierte Westafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion zurückkehren. Modibo Keïta ist es offensichtlich nicht gelungen, den oben beschriebenen Souveränitätsdreischritt im Sinne Nicolas Agbohous umzusetzen. Mit einer veralteten Verteidigungspolitik und einer maroden sozialen wie politischen Verfassung war es schwierig, eine nationale Währung in einem Land aufrechtzuerhalten, das in seinem Streben nach Souveränität isoliert war. Heute sind die Voraussetzungen andere.

Diplomatische Verhandlungsbemühungen konnten nicht verhindern, dass sich dschihadistische Terrorgruppen weiterhin bereichern und regelmäßig tödliche Anschläge auf die Zivilbevölkerung verüben. Zu ihnen zählen verschiedene Gruppierungen, die sich sowohl dem Islamischen Staat als auch Al-Qaida zugehörig fühlen, aber unabhängig von ihnen lokal agieren. Sie instrumentalisieren lokale Konfliktdynamiken und haben daher jeweils unterschiedliche Aktionslogiken. Ihr Erstarken gehörte zu den Gründen für die Militärputsche in Mali, Burkina Faso und Niger. Entsprechend arbeitet die Allianz der Sahel-Staaten nach eigenen Angaben daran, die militärischen Kapazitäten und den politischen Rahmen zu stärken, bevor wirtschaftliche Reformen in Angriff genommen werden. Die Sicherheit und der soziale sowie politische Zusammenhalt bleiben eine Herausforderung für diese Länder, die regelmäßig von bewaffneten Gruppen bedroht werden. Zuletzt hatten die malischen Streitkräfte, unterstützt von den alliierten Nachbarn, allerdings Kidal zurückerobern können, das mehrere Jahre unter der Kontrolle von bewaffneten Gruppen stand, ebenso wie die Stadt Téra zwischen Burkina Faso und Niger, die heute eher für ihren Goldabbau als für Übergriffe auf Zivilist*innen bekannt ist. Hierfür war die Zusammenarbeit der Streitkräfte und Geheimdienste der drei Staaten essenziell. Erst kürzlich, zwischen dem 1. und 3. März 2024, wurde die im Kleinbergbau betriebene Goldmine von Intahaka, 80 Kilometer von Gao in Mali entfernt, durch die Wagner-Söldner, die sich in Afrikakorps umbenannt haben, von den Rebellengruppen zurückerobert. Söldner des Afrikakorps sind inoffiziell seit Anfang 2022 in Mali aktiv; mittlerweile sind sie auch in Niger und Burkina Faso präsent. Im Gegensatz zu den zuvor stationierten französischen Truppen unterstützen sie die jeweiligen Armeen und führen offiziellen Angaben zufolge keine eigenen Antiterroraktionen durch. Dennoch wurde diese Meldung von einigen Medien aufgegriffen, die befürchteten, dass die russische paramilitärische Gruppe Einfluss auf den Goldabbau des Landes nehmen könnte. Tatsächlich wurde die Operation unter der Leitung der malischen Streitkräfte (FAMa) durchgeführt, die nach dem Abzug des Afrikakorps auf dem Gelände verblieben. Die kleine Mine, die der Finanzierung des Terrors diente, steht heute unter der Verwaltung der malischen Regierung.

Neben der Verteidigung sind politische Stabilität und sozialer Zusammenhalt unabdingbar. Zwischen 2020 und 2022 erlebten Mali und Burkina Faso nach monatelangen Protesten der Bevölkerung gegen die herrschenden Regime Militärputsche, die mit dem Versagen der Sicherheitsmaßnahmen und dem Willen, die militärische und wirtschaftliche Abhängigkeit von den ehemaligen Kolonialherren zu beenden, begründet wurden. Zwar scheint die militärische Unabhängigkeit schnell erreicht worden zu sein, doch soziopolitische Stabilität und wirtschaftliche Autonomie bleiben große Herausforderungen. Auch wenn zu befürchten ist, dass Macht in den Händen des Militärs zu Übergriffen auf die Bevölkerung führt, haben auch zivile Regierungen in den Nachbarländern die Verfassung verletzt und die Bevölkerung unterdrückt, um sich an der Macht zu halten. Natürlich rechtfertigt das eine nicht das andere. Bislang scheinen die drei Militärregierungen der AES die Mehrheit der Bevölkerung jedenfalls hinter sich zu haben. Die Bündnispartner in der Sahelzone sind aber langfristig auf das Vertrauen der Bevölkerung angewiesen und müssen daher Repressionen gegen Kritiker*innen verhindern und die Wirtschaft fördern. Dies erfordert die Einbindung von Arbeiter*innen, die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen und die Stärkung des Handels zur Stimulierung der Märkte.

Es sollten daher nur jene Verbindungen abgebrochen werden, die den wirtschaftlichen Aufschwung und die Sicherheit dieser Länder bremsen. Dies ist gewiss der Grund, warum die Führungskräfte Malis nach Brüssel gereist sind, um die Fortsetzung der Ausbildung ihrer Soldat*innen durch die EU-Trainingsmission EUTM zu vereinbaren. Die EU-Kommission lehnte dies im Mai 2024 ab, da sie sich eine Zusammenarbeit mit dem russischen Militär nicht vorstellen könne, blieb jedoch offen für weitere Verhandlungen. Die Militärregierungen suchten auch neue Bündnisse mit anderen externen Kräften. Dazu zählt Marokko, um den Zugang zum Meer und den Warentransport zu den Handelspartnern zu sichern. Wichtiger wurde auch die strategische Zusammenarbeit mit Russland, China und der Türkei. Diese Partner als Gegengewicht zur vom Westen unterstützten ECOWAS haben sicherlich geholfen, die Invasion nach Niger und damit einen Sahel-Krieg zu verhindern. Außerdem ermöglichten sie den Erwerb von Militärequipment, um dschihadistische Terrorgruppen zu verfolgen und die Sicherheit zu erhöhen. Die BRICS-Staaten spielten auch eine wichtige Rolle bei der Umgehung der von der ECOWAS, den USA, Frankreich und anderen Ländern verhängten Wirtschaftssanktionen.

Die AES arbeitet nach eigenen Angaben auch an der Aufwertung von Landwirtschaftsprodukten und Bodenschätzen, die für den Handel und die Stabilisierung der Währung unerlässlich sind. Im September 2023 setzte Mali offiziell die Ausfuhr von unverarbeitetem Lithium aus dem Goulamina-Minenprojekt aus und kündigte die Eröffnung lokaler Verarbeitungsanlagen an. Wenige Wochen später machten die Arbeiten an der Goulamina-Mine dank einer Investition von 200 Milliarden CFA-Franc durch das australisch-malaysische Unternehmen Leo Lithium und der Einstellung von 1.312 Arbeiter*innen (davon 90 Prozent aus Mali) erhebliche Fortschritte. Der nationale Fernsehsender ORTMI berichtete, dass Mali nach der Entdeckung neuer Lithiumvorkommen zum weltweit fünftgrößten und in Afrika größten Lithiumexporteur aufsteigen werde. Darüber hinaus werden Gold, Öl, Uran, Diamanten und Edelmetalle aufgewertet, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. In Niger profitiert die Wirtschaft von den vorteilhaften Uranpreisen und konnte den Wachstumsindex trotz Sanktionen erhöhen. Das ist dringend nötig, denn Niger sind jahrzehntelang Gewinne entgangen, weil der französische Staatskonzern Areva, heute Orano, weniger Geld pro Kilo zahlte als handelsüblich.

Eine eigene Währung der Sahel-Allianz könnte andere Staaten inspirieren

Diese Entwicklung zeigt, dass der Reichtum an Bodenschätzen in den drei Ländern genutzt werden könnte, um eine eigene Währung zu stabilisieren und das Vertrauen der Währungsnutzer*innen und Investor*innen zu gewinnen. Mali, Niger und Burkina Faso verfügen über eine unschätzbare Menge an Gold, das verarbeitet werden und als Referenzstandard für die Währung und als Währungsreserve einer künftigen AES-Zentralbank dienen könnte. Diese Reserve würde durch Devisen gestützt, die durch den Verkauf von Überschüssen aus der Produktion und von Rohstoffen ins Ausland erwirtschaftet würden. Eine effiziente Verwaltung der inländischen Ressourcen der AES könnte dazu beitragen, die Währung zu stabilisieren und Investor*innen anzuziehen.

Dafür müsste der Binnenmarkt so umstrukturiert werden, dass die Produktion den lokalen Erzeuger*innen und Verbraucher*innen zugutekommt. Die Bemühungen Burkina Fasos und Malis, den Agrarsektor durch eine großflächige Kartoffel- und Weizenproduktion zu stärken und mit dem Bau eines Atomkraftwerks in Burkina Faso durch den russischen Staatskonzern Rosatom die Energieautarkie zu sichern, stehen in diesem Zusammenhang. Dennoch wäre es wünschenswert, dass diese Länder sich in Richtung eines umweltverträglichen Konsums entwickeln.

Die neue Währung müsste außerdem zu einem vernünftigen Preis hergestellt werden. Das Beispiel Mauretanien zeigt, dass die Kosten, den Bargeldumlauf aufrechtzuerhalten, relativ hoch sein können. Der Zentralbankchef Adbel Aziz Ould Dahi betonte aber, dass Mauretanien es trotz dieser Herausforderung nicht bereue, den CFA-Franc aufgegeben zu haben. Das Land arbeitet nun an der Digitalisierung seiner Währung. Das könnte auch für die AES ein geeignetes Mittel sein, um der Bevölkerung ein funktionierendes Zahlungsmittel zur Verfügung zu stellen und den Binnenmarkt zu beleben, der eine Fläche von 2,75 Millionen Quadratkilometern mit einer geschätzten Bevölkerung von 70 Millionen Einwohner*innen umfasst.

Die bisherigen ökonomischen Reformen in Mali, Burkina Faso und Niger haben trotz der Unsicherheit und der Sanktionen der ECOWAS und ihrer Verbündeten positive Wirkungen gezeigt. Die drei Staaten machen weiterhin gute wirtschaftliche Fortschritte, im Falle von Niger laut IWF-Prognose vom Juli 2023 sogar um sechs Prozentpunkte (von sieben Prozent BIP-Wachstum 2023 auf 13 Prozent 2024), die Öl- und Goldförderung ist angelaufen, die Uranpreise steigen und die Verteidigungsstrukturen entwickeln sich deutlich. Die Sicherheit bleibt eine Herausforderung, insbesondere in Burkina Faso, wo Terroranschläge die Stabilität des Landes bedrohen. Eine Währung für die Konföderation des Sahels bleibt jedoch möglich, wenn die Regierungen ihre Wirtschaftspolitik zugunsten nationaler Interessen durchsetzen. Eine souveräne Währung für die Staaten der Sahel-Konföderation könnte andere Staaten inspirieren, die noch unter dem neokolonialen Regime des CFA-Franc stehen.

Übersetzung aus dem Englischen von Camilla Elle und André Hansen für Gegensatz Translation Collective.

Literatur

Homburg, Heidrun (2003): Wirtschaftliche Dimensionen der deutschen Besatzungsherrschaft in Frankreich 1940–1944: Das Beispiel der elektrotechnischen Industrie, in: Abelshauser, Werner/Hesse, Jan-Otmar/Plumpe, Werner (Hrsg.): Wirtschaftsordnung, Staat und Unternehmen. Neuere Forschungen zur Wirtschaftsgeschichte des Nationalsozialismus. Festschrift für Dietmar Petzina zum 65. Geburtstag, Essen, S. 196–198.