News | Rede zur antifaschistischen Demonstration im Bezug auf die Nazi-Anschläge auf linke Einrichtungen im Westend

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, Kurz vor der heutigen Demo um 17.45 Uhr waren drei Jugendliche hier vor dem Büro und haben mit Kreide „Anti-Antifa“ und „Keine Macht dem Kommunismus“ auf die Straße gemalt.

 

Die Studentin hat beobachtet, dass es drei Jugendliche waren zwischen 18 und 22 Jahren komplett schwarz gekleidet mit Kapuzenjacke, einer hatte blonde Haare. Sie sind nachdem die Studentin sie gesehen hatte breit grinsend und ganz gemütlich die Westendstraße hoch in Richtung Augustiner Bräustuben gelaufen. Die Polizistin sagte mir, "machen sie sich keine Sorgen München ist sicher!" Da habe ihr von dem Anruf von meinem Chef erzählt: Der meinte, dass es in 22 Jahren Geschichte der Rosa-Luxemburg-Stiftung noch nie einen vergleichbaren Vorfall gegeben hätte. Weder in Moskau noch in Johannesburg oder in Berlin. Nur hier im ach so sichern München. Auf meinen Hinweis, dass gleich ein paar Straßen weiter ein Mann auf offener Straße am heiligten Tag erschossen wurde, konnte die Polizistin auch nichts erwidern.

In den letzten zwei Monaten wurden der Bayerische Flüchtlingsrat, das Wohnsyndikat Ligsalz 8, das Büro der linken Anwältin Angelika Lex, das EineWeltHaus und unser Büro vom Kurt-Eisner-Verein / bzw. der Rosa-Luxemburg-Stiftung Bayern Zielpunkt von rechten Attacken. Das bedauern wir sehr. Bei allen Sachbeschädigungen sollen wir jedoch nicht aus den Augen verlieren, dass seit 1990 183 Menschen starben. Sie wurden nach Angaben der Amadeu-Antonio-Stiftung Opfer rechter Gewalt. Wir finden es ungeheuerlich, dass so viele Menschen wegen der rassistischen Ideologie von Neonazis sterben mussten und trauern um alle Opfer und deren Angehörigen. Während der Staat weiterhin versucht auch diese Zahlen der Todesopfer zu beschönigen, werden Menschen aus der linken Bewegung weiterhin kriminalisiert.

Der sogenannte "Linksextremismus" ist mit der Regierung Merkel wieder zu einem beliebten Angriffspunkt geworden. Kein Statement von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder über "Rechtsextremismus", das sie nicht gleich mit "Linksextremismus" verknüpfen muss. Die seit 2011 etablierten "Ausstiegsprogramme" gleichen sich bei rechts und links auf Wortlaut, lediglich der Begriff "Rechtsextremismus wurde gegen "Linksextremismus" ausgetauscht. Nazis und Antifaschist/innen werden somit auf eine Stufe gestellt, wodurch Straftaten von Nazis verharmlost werden.

Gerahmt wird diese Diskussion von der unseligen Debatte über die Extremismusklausel. Obwohl das Verwaltungsgericht Dresden sie Ende April 2012 für rechtswidrig erklärt hat, hält das Bundesfamilienministerium weiter daran fest. Vereine, die staatliche Gelder erhalten, werden gezwungen sich zur Freiheitlich-demokratischen Grundordnung (FDGO) zu bekennen und ihr Arbeitsumfeld in diesem Sinne durchleuchten.

Es ist nicht verwunderlich, dass die Antwort der bayrischen Staatsregierung auf diese Debatten mit besonderen Schmankerln aufwartet: Auf der Website "Bayern gegen Linksextremismus" wurde neben anderen Absurditäten auch eine Erste-Hilfe-Hotline für "betroffene" Eltern, Lehrende und Schüler/innen eingerichtet. In altbewährter antikommunistischer Manier werden linke Organisationen bis hin zur "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes" (VVNBdA) mit Neonazis gleichgesetzt.

Auch in punkto "Überwachung" trumpft das bayerische Innenministerium besonders auf: Ausspionieren, V-Männer einschleusen, Daten sammeln und Auskünfte verweigern. Zahlreiche Fälle in den letzten Jahren belegen die repressive Politik des bayerischen Innenministeriums gegen linke Aktivist/innen und Gruppen.

Im Zusammenhang mit den NSU-Morden standen tagelang noch weitere Systemfehler des Verfassungsschutzes im Mittelpunkt der medialen und öffentlichen Diskussion. Während die Linken mit großem Aufwand und pedantisch beobachtet werden, will der "Verfassungsschutz" von den zehn Morden durch die Nazi-Mörder des NSU nichts mitbekommen haben. Schnell verhallte der Aufschrei in der Gesellschaft und Presse wieder, obwohl Vermutungen über die Verstrickung der Behörden in die tiefe Nazi-Szene überdeutlich wurden. Über den "Konfetti-Skandal" (also die Vernichtung brisanter Akten) berichtet keiner mehr. Fröhlich tingeln die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes nun weiter durch das Land mit dem Auftrag, die Demokratie zu schützen, und versorgen Schulen, Einrichtungen und Universitäten mit Präventions- und Informationsmaterial - als wäre nichts gewesen.