Publication Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Wirtschafts- / Sozialpolitik - Kapitalismusanalyse Wirtschaftswunder? Jobwunder? – Nach der Krise ist vor der Krise

Prof. Dr. Heinz Bontrup argumentierte beim Linken Forum Paderborn für einen politischen Neustart.

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January 2011

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Großes Interesse fand der Vortrag des Wirtschaftsexperten und renommierten Mitgliedes der „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ Prof.Dr. Heinz Bontrup am 11.1.2011 beim Linken Forum Paderborn. Sein Thema: „Wirtschaftswunder? Jobwunder? - Nach der Krise ist vor der Krise“.

Moderiert von Stefan Marx vom DGB, als Mitveranstalter, zeichnete Bontrup ein bedrohliches Bild: „Die kapitalistische Wirtschaft steht nach der Krise fast vor einer Kernschmelze“. Als Hauptursache benannte Bontrup die seit mehr als 30 Jahren betriebene Umverteilungspolitik von den Arbeits- zu den Besitzeinkommen,allein von 1991 bis 2010 die unvorstellbare Summe von 1 Billion Euro. Folgen des neoliberalen Umbaus seien ein Schrumpfen der Massenkaufkraft und der fortgesetzte Rückgang „realwirtschaftlicher“ Investitionen. Bontrup: „Das Kapital legte immer mehr seine Gewinne im Finanzsektor an. Die Umverteilung wurde zu Lasten realer Produktion auf die Spitze getrieben.“ Die herrschende Politik, so Bontrup, habe, den Forderungen der „Plutokraten“, so Bontrups Bezeichnung für die Geld-Mächtigen folgend, die Beschränkungen für die weltweit agierende Finanzsphäre beiseite geräumt. „In drei Jahrzehnten sind die unproduktiven Finanzmärkte dreimal so schnell gewachsen wie die Realwirtschaft.“

Nach dem Platzen der Finanzblase komme dem Staat nun die doppelte Aufgabe zu, einerseits „toxische“ Wertpapiere und „faule“ Kredite zu übernehmen, andererseits mittels kreditfinanzierter Konjunkturprogramme die angeschlagene „Realwirtschaft“ zu stützen. Verlierer seien die abhängig Beschäftigten, während die Geld-Mächtigen zu Lasten des Staates weitgehend unbeschadet blieben. „Kürzungen im Sozialbereich, weiter schwindende Kaufkraft und Steuerausfälle, zugleich Forderungen nach neuen Steuersenkungen durch die Geld-Mächtigen könnten bald eine noch größere Wirtschaftskrise auslösen, als wir sie erlebt haben.“

Bontrup beklagte den Totalausfall in Sachen ökonomischer Sachverstand in der Politik. „Die führenden Politiker haben von Ökonomie so viel Ahnung wie ein Affe von Pfannekuchen backen“. Er forderte einen politischen Neustart mit einer drastischen Besteuerung der großen Vermögen und einem Schuldenerlass für ärmere Länder. „Wir müssen uns vom destruktiven neoliberalen Regime verabschieden“, lautete Bontrups engagierter Appell.