Publication Kommunalakademie Aktiv gegen Privatisierungen von Wohnungen

Information

Series

Online-Publ.

Published

August 2006

Ordering advice

Only available online

Am 19. August folgten über 20 KomunalpolitikerInnen der Einladung des Kommunalpolitischen Forums und der Rosa Luxemburg-Stiftung NRW zu einem wohnungspolitischen Seminar nach Duisburg.

Der Trend zur Privatisierung mit all ihren negativen Folgen für die MieterInnen, Beschäftigten und die Wohnungspolitik greift weiter um sich. Viele Kommunen kennen das: Das Geld ist knapp, der Haushalt soll saniert werden. Viele Kommunen beschließen dann den (Teil-) Verkauf ihres Wohnungsbestandes.
Ganz aktuell sind zahlreiche Städte und Gemeinden vom Plan der Landesregierung NRW, die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) und ihre Beteiligungsgesellschaften mit über 100.000 Wohnungen zu verkaufen, betroffen. So gehören z.B. in Dortmund gut 4.000 Wohnungen der LEG, in Duisburg 5.605, in Hamm 3.064, in Köln 3.565. Die Liste ist lang.

Auf dem Seminar wollten wir uns über aktuelle Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt, über Möglichkeiten der Gegenwehr, insbesondere über die Volksinitiative für „Sichere Wohnungen und Arbeitsplätze“, informieren und austauschen.

Einblicke in den Wohnungsmarkt
Helmut Lierhaus vom Mieterverein Dortmund und Sprecher der Volksinitiative „Sichere Wohnungen und Arbeitsplätze“ gab einen ausführlichen und interessanten Einblick in die jüngsten Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt.
Danach sind viele Kommunen finanziell ausgeblutet und stehen unter Haushaltsaufsicht. Das heißt: Ihr finanzieller Spielraum ist äußerst begrenzt. Fehlen in dieser Situation der Stadt bzw. den kommunalen Wohnungsgesellschaften die finanziellen Mittel zur Instandhaltung und Modernisierung des Wohnungsbestands, bringen Verkäufe das nötige Geld in die Kasse, um wenigstens die Restbestände in Schuss zu halten. Auch die LEG hat bereits 8.000 von geplanten 15.000 Wohnungen verkauft. Derartige Situationen bringen auch Kommunalpolitikerinnen, die sich vehement gegen die Privatisierung von Wohnungsbeständen wenden, in die Zwickmühle. An diesem Punkt ist das Kind zumeist schon in den Brunnen gefallen.
Aber nicht nur die öffentliche Hand verkauft zunehmend ihre Wohnungsbestände, auch große Firmen/Unternehmen mit eigenen Wohnungsgesellschaften wie RWE und Deutsche Bahn trennen sich von ihrem Wohnungsbestand. Begründet sei dies durch abnehmende Firmenbindungen und zu geringe Renditen. Während bis 1990/91 die Gewinne in der Wohnungswirtschaft auf 4 % begrenzt waren, streben die internationalen Fondsgesellschaften jetzt Renditen von 20 % an. Dies lässt sich jedoch nicht mit einer verantwortungsvollen Vermietung realisieren. Die Folge sind das Ausbluten und Ausplündern der Wohnungsbestände und maßgeblich auch Wohnungsverkäufe.
Die neuen Akteure am Markt sind vor allem Fonds, die mit einer geringen Eigenkapitalquote einsteigen und damit auch ein geringes Risiko tragen. Sie investieren vor allem in Wohnungsunternehmen, die als unterbewertet angesehen werden. Um die Gewinne zu maximieren, werden MitarbeiterInnen entlassen, auf Investitionen verzichtet und Wohnungen verkauft. Für die Beschäftigten bedeutet das (drohende) Arbeitslosigkeit, für die MieterInnen schlechtere Betreuung, schlechtere Wohnqualität und im Extremfall auch Auszug aus ihrer Wohnung. Damit werden gewachsenen Sozial- und Wohnstrukturen zerschlagen.
Ähnliche Effekte sind auch bei dem geplanten Verkauf der Landesentwicklungsgesellschaft zu befürchten. Dabei verfolge die schwarz-gelbe Landesregierung nicht vorrangig wirtschaftliche, sondern vor allem ideologische Interessen: Die öffentliche Hand sei in der Wohnungspolitik nicht mehr gefragt. Doch gegen diese Pläne hat sich ein breites Bündnis formiert.

Bündnis gegen den LEG-Verkauf
Das Ziel der Landesregierung ist klar: Die LEG soll verkauft werden. Nur das wie soll noch durch ein Gutachten bis zum Herbst geklärt werden. Diese Zeit will ein breites Bündnis aus Mietervereinen, Mieterbeiräten, DGB, ver.di, Betriebsräten, SPD, Grüne, Linkspartei.PDS, WASG und anderen nutzen, um die Öffentlichkeit über die Folgen zu informieren und den Protest zu bündeln. Zu diesem Zweck wurde eine Volksinitiative gestartet. Unterstützen 66.000 NRW-BürgerInnen mit ihrer Unterschrift die Volksinitiative, so muss sich der Landtag mit der Problematik befassen. Mit der Volksinitiative kann die Landesregierung also nicht zum Einlenken und der Rücknahme der Pläne gezwungen werden. Aber durch die Volksinitiative kann Gegenöffentlichkeit und öffentlicher Druck aufgebaut werden.

Kampagnenzeitungen und Unterschriftenlisten der Volksinitiative hatte Helmut Lierhaus mitgebracht, so dass alle SeminarteilnehmerInnen ausreichend mit Informationsmaterialien ausgestattet werden konnten. Alle wichtigen Informationen zur LEG-Kampagne sind auch auf der Homepage der Volksinitiative http://www.volksinitiative-leg.de/ zu finden. Hier können die Unterschriftenlisten herunter geladen werden, hier sind die neusten Infos, wo was läuft, wer AnsprechpartnerIn vor Ort ist und und und.
Die Ausführungen von Helmut Lierhaus wurden durch zahlreiche Diskussionsbeiträge der TeilnehmerInnen und Erfahrungsberichten von Jörg Detjen aus Köln und Wolfgang Freye aus Essen ergänzt. Ihre Skripte können hier herunter geladen werden.

Nach der Abschlussrunde gab es dann noch den Hinweis auf einige Internetseiten:
www.komwob.de (Initiativkreis Kommunale Wohnungsmarktbeobachtung)
www.ib-sh.de/ibsh/bak_wb (Bundesarbeitskreis Wohnungsmarktbeobachtung)
www.nrwbank.de/de/wohnraumportal

Seminar des Kommunalpolitischen Forums NRW und der Rosa-Luxemburg.Stiftung NRW e.V. am 19.08.2006