Nachricht | Südasien - Sozialökologischer Umbau - Klimakrise in der Stadt Indiens Städte im Zentrum der Klimakrise

Angesichts steigender Temperaturen nehmen einige indische Metropolen den Klimaschutz selbst in die Hand

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Menschen füllen Wasserbehälter aus einem Tankwagen auf während einer Wasserknappheit in Neu-Delhi, Indien, 01.06.2024. Foto: IMAGO / Hindustan Times

Heute leben mehr als 56 Prozent der Menschheit in städtischen Siedlungsgebieten. Die Klimakrise lässt sich nicht eindämmen, ohne die Prozesse der Stadtentwicklung einzubeziehen. Städte gelten in aktuellen Entwicklungsmodellen weltweit als Wachstumsmotoren.

Tikender Singh Panwar war direkt gewählter stellvertretender Bürgermeister von Shimla, Indien, und ist derzeit Mitglied der Kommission für Stadtpolitik von Kerala, die eingerichtet wurde, um die Stadtpolitik des Bundesstaates für die nächsten 25 Jahre zu entwickeln.

Mit dem Beginn der Industrialisierung wanderten große Teile der Bevölkerung in die Städte ab, da ihre Arbeit auf dem Land nicht mehr benötigt wurde. Die Industrieländer konnten dies verkraften, da sie zur Unterstützung auf große Kolonien zurückgreifen konnten. Gleichzeitig führte dies zu einer Kommodifizierung der Natur selbst. Fossile Brennstoffe, das Automobil und die Zementindustrie bildeten wichtige Wachstumssektoren für Mobilität, Wohnen und Verkehr.

Der falsche Weg

Die Städte des Globalen Südens folgten leider dem gleichen Entwicklungspfad. Die meisten Staaten befreiten sich im letzten Jahrhundert von der Kolonialherrschaft und waren aufgrund ihrer verspäteten Industrialisierung stark vom Globalen Norden abhängig, um die Grundbedürfnisse ihrer Bevölkerung zu befriedigen.

Dies setzt sich bis heute fort: Neue Städte werden gebaut, ohne die Auswirkungen des Klimawandels auf die neue Infrastruktur zu berücksichtigen, wenn diese nicht klimasicher konzipiert ist. Die Weltbank schätzt, dass vom Klimawandel verursachte Katastrophen jährlich mehr als 850 Milliarden US-Dollar an Kosten verursachen. Auf der UN-Klimakonferenz COP28 im Jahr 2023 wurde festgestellt, dass die Welt schätzungsweise um 1,5 Billionen US-Dollar ärmer ist, als sie es ohne den Klimawandel wäre. Dabei stützte man sich auf einen Bericht der Universität Delaware mit dem Titel Loss and Damage Today: How Climate Change is impacting output and capital. Dem Bericht zufolge haben Länder mit niedrigem und mittlerem Volkseinkommen aufgrund des Klimawandels 2,1 Billionen an Kapitalverlusten erlitten.

Die rasche Verstädterung kann auch zu Überlastungseffekten führen, da sie die Anfälligkeit für Naturkatastrophen und den Druck auf öffentliche Dienstleistungen und Infrastrukturen erhöht. Die Auswirkungen sind am deutlichsten in den Ländern mit mittlerem und hohem Volkseinkommen, die einen höheren Anteil an Siedlungen haben, die in stärk gefährdeten Gebieten liegen. Seit 1985 ist die Zahl von Siedlungen in solchen Gebieten um 184 Prozent gestiegen – fast doppelt so schnell wie die Zahl der hochwassersicheren Siedlungen (96 Prozent). Diese Zunahme der Siedlungsflächen in hochgefährdeten Gebieten führt zu einem steigenden Hochwasserrisiko, zukünftigen Schäden und einem wachsenden Bedarf an Hochwasserschutz.

Arbeiter*innen sind der Hitze am stärksten ausgesetzt – und am wenigsten vor ihr geschützt

Ein weiteres Problem in den meisten Ländern des Globalen Südens ist, dass ein großer Teil der Bevölkerung informell beschäftigt ist – in Indien sind es 92 Prozent. Laut dem Economic Survey 2021–22 sind fast 440 Millionen Menschen im informellen Sektor Indiens beschäftigt.

Angesichts der negativen Auswirkungen des Klimawandels und der Schwächung des Sozialwesens sind diese Arbeitskräfte besonders anfällig für klimabedingte Schäden und Risiken.

In Indien sind sie Hitzewellen, Dürren, Waldbränden, Stürmen, Überschwemmungen und Luftverschmutzung ausgesetzt. Sie gehören zu den am stärksten gefährdeten und am wenigsten geschützten Bevölkerungsgruppen. Laut dem Economic Survey 2021–22 sind fast 440 Millionen Menschen im informellen Sektor Indiens beschäftigt. Die Auswirkungen des Klimawandels auf ihr prekäres Leben und ihre dürftigen Lebensgrundlagen werden immer katastrophaler. Nach Schätzungen der Weltbank sind fast 75 Prozent der indischen Arbeiter*innen, also 380 Millionen Menschen, von Arbeit abhängig, bei der sie starker Hitze ausgesetzt sind.

Eine der am stärksten betroffenen Branchen ist die Ziegelbrennerei in den Randgebieten der indischen Städte. Die Ziegelfertigung ist eine sehr arbeitsintensive Industrie. In jeder Produktionsphase sind zahlreiche Arbeitskräfte erforderlich: etwa beim Formen der Ziegel, beim Transport der sonnengetrockneten und gebrannten Ziegel zum Brennofen, beim Befüllen des Brennofens mit Brennmaterial und beim Herausnehmen der abgekühlten Ziegel für den Weitertransport. Eine Studie aus dem Jahr 2019, die in den Jahren 2013 und 2014 in Ziegelbrennereien in Chennai durchgeführt wurde, ergab, dass die Hitzebelastung bei der Arbeit am Brennofen in den Sommermonaten über den internationalen Grenzwerten für sichere Arbeit lag.

Einer aktuellen Studie zufolge haben indische Arbeiter*innen zwischen 2001 und 2020 jährlich 259 Milliarden Arbeitsstunden aufgrund der Auswirkungen der feuchten Hitze verloren. Die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) schätzt, dass Indien aus den genannten Gründen bis 2030 einen Rückgang der insgesamt erbrachten Arbeitsstunden von etwa 5,8 Prozent verzeichnen wird. Der Verlust von Arbeit durch Überschwemmungen, Dürren, Wirbelstürme, Erdrutsche und Ähnliches, der Verlust von Wohnraum und die Zwangsumsiedlung von Menschen sind nicht ausreichend erforscht. Einem aktuellen Bericht der IAO zufolge ist der Anteil der Arbeiter*innen, die weltweit den verbreiteten klimabedingten Risiken ausgesetzt sind, in den letzten zehn Jahren auf 70,9 Prozent gestiegen. Arbeiter*innen sind dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit mehreren Gefahren auf einmal ausgesetzt.

Doch der Klimawandel betrifft nicht nur die Arbeiter*innen: Action Aid und das Climate Action Network South Asia gehen davon aus, dass in fünf südasiatischen Ländern bis 2030 etwa 37,5 Millionen und bis 2050 schätzungsweise 62,9 Millionen Menschen vertrieben werden. Allein in Indien dürften bis 2050 rund 45 Millionen Menschen aufgrund von Klimakatastrophen ihre Heimatorte verlassen müssen, dreimal so viele wie heute.

Wie Städte gebaut werden

Was hat das alles mit dem Thema Stadt zu tun? Konzentrieren wir uns zunächst auf eine Frage: Wie werden Städte weltweit gebaut? Die wichtigsten Sektoren, die zu den Treibhausgasemissionen in Städten beitragen, sind der Verkehr, der Energieverbrauch in Haushalten und Industrie, sowie die Abfallwirtschaft und die Bauwirtschaft. Betrachtet man diese Sektoren, so zeigt sich, dass es eine enge Verbindung zwischen der Stadtentwicklung und großen transnationalen Unternehmen gibt, die nicht nur darüber entscheiden, wie Städte entwickelt werden, sondern auch, welche Bautechniken dabei zum Einsatz kommen.

So werden beispielsweise große Überführungen und Straßenverbreiterungen in den Städten vorangetrieben, anstatt dass man sich auf den öffentlichen Verkehr konzentrieren würde. Dies führt dazu, dass die Menschen mehr Autos kaufen – und da diese mehr Platz benötigen, wird dieser Platz geschaffen. Ebenso werden städtische Gemeingüter für die Entwicklung des Immobiliensektors missbraucht, was den CO2-Fußabdruck weiter vergrößert. Wie Samuel Stein in The Capital City: Gentrification and the Real Estate State betont, liegt dies nicht daran, dass Stadtplaner*innen von Natur aus korrupt sind. Es ist das sozioökonomische System, das sie dazu bringt, Städte nach den Wünschen des Unternehmenskapitals zu entwerfen, unabhängig davon, ob sie klimaneutral sind oder nicht.

Indiens Smart-City-Mission

Dieser Sachverhalt wurde auch bei der UN-Konferenz Habitat-III in Quito im Oktober 2016 noch einmal bestätigt. Der Exekutivdirektor John Closs erinnerte die teilnehmenden Länder mehrfach daran, dass das Prinzip des Laissez-faire in der Stadtentwicklung aufgegeben werden müsse, um sicherzustellen, dass unsere Städte sowohl in ökologischer als auch in sozialer Hinsicht gerecht und zukunftsfähig werden. Zu diesem Zweck müsse man sich wieder auf die Grundlagen der Planung besinnen, betonte er.

Doch obwohl das Treffen schon mehrere Jahre zurückliegt, müssen wir feststellen, dass die Stadtplanung einem projektorientierten Wachstum verschrieben bleibt, ohne sich auch nur im Geringsten um eine geplante Entwicklung zu kümmern. Die indische Smart-City-Mission ist ein gutes Beispiel dafür. Das Regierungsprogramm zur Neugestaltung von Städten und Stadtzentren im ganzen Land startete 2015. Die Ergebnisse sind jedoch verheerend: Patna, die Hauptstadt von Bihar, wurde kürzlich vollständig überflutet, während eine andere Stadt im Norden, Srinagar, ebenfalls überschwemmt wurde. Die Ursache sind Projekte der Smart-City-Mission, in deren Rahmen die Stadt umgegraben und die seit langem bestehenden Wasserkanäle unterbrochen wurden.

Die meisten Städte, die für das Smart-City-Programm ausgewählt wurden, sind entweder Landeshauptstädte oder die ehemaligen Kolonialstädte des Landes. Diese kolonialen Städte wurden mit einer städtebaulichen Vision und einem Konzept gebaut, das der imperialen Herrschaft Rechnung trug. Dennoch basierte das Stadtmodell auf hochwertigen Ingenieurleistungen. Ein Beispiel ist Shimla, eine weitere Smart-City, die einst die Sommerhauptstadt von Britisch-Indien war. In Shimla gab es ein festgelegtes Verfahren für den Bau von Regenwasserkanälen: statt Beton kamen Böschungen zum Einsatz und die Kanäle wurden nicht abgedeckt. Im Rahmen der Smart-City-Mission wurde das bis dahin übliche Verfahren jedoch zunehmend aufgegeben, wenngleich diese Entwicklung bereits zuvor ihren Anfang genommen hatte. Viele Abwasserkanäle der Städte wurden nun überbaut und es kam zu Verstopfungen, die 2023 zu weiteren Überschwemmungen führten.

Auch die im Kolonialstil angelegten Wasser- und Abwasserkanäle, ob in Kalkutta, Patna oder anderswo, wurden im Zuge der allgemeinen Tendenz zum Bau von Überführungen und zur Verbreiterung von Straßen in den Smart-Citys durch Bauwerke in ihrer Funktion beeinträchtigt. Dies führte dazu, dass Wasser aus den Kanälen austrat und Überschwemmungen verursachte – und zwar nicht nur in Ausnahmefällen, sondern fast ununterbrochen.

Städtische Ungleichheit – ein systembedingtes Problem

Die Ungleichheiten in den Städten erhöhen die Gefährdung großer Teile der arbeitenden Bevölkerung, die die Hauptlast der Auswirkungen des Klimawandels zu tragen haben. Städtische Ungleichheit ist ein systemimmanentes Problem. Als Marx Das Kapital schrieb, lebten nicht mehr als fünf Prozent der Weltbevölkerung in Städten. Das Kapital betont jedoch den kapitalistischen Charakter der Produktion in den Städten, der zu einer massiven Landflucht führt. In diesem Prozess weist Marx auch darauf hin, dass das Kapital sich nicht darauf beschränkt, im Produktionsprozess Mehrwert zu schaffen. Es verwandelt auch die Natur in eine Ware. So kommt Marx zu dem Schluss, dass nur nicht die Regeneration der Natur, sondern ihre Rückgewinnung die Voraussetzung für ein gesichertes Mensch-Natur-Verhältnis ist, wie Kohei Saito in seinem Buch Systemsturz jüngst gezeigt hat. Dabei entwickelt Marx eine Gleichung, die die Schnittstellen von Ungleichheit, Natur und dem gesamten Ökosystem zusammenführt: Kampf gegen Ungerechtigkeit = Kampf für Humanismus = Kampf für die Natur.

Was ist zu tun?

Städte sind heute das Zentrum des menschlichen Lebens und erfordern besondere Aufmerksamkeit bei der Bekämpfung des Klimawandels.

Stadtplanungsprozesse müssen umgepolt werden: Schluss mit den Städten für das Kapital. Stadtplanung muss im Einklang mit der Natur erfolgen, und der grundlegende Planungsprozess darf nicht den Berater*innen technologiegetriebener Megafirmen überlassen werden. Der Prozess sollte die Bevölkerung einbeziehen.

  • Eine nachhaltige Stadtplanung erfordert die Berücksichtigung der natürlichen topographischen und hydrologischen Gegebenheiten der Region. Dies beinhaltet die Erhaltung natürlicher Gewässer und Überschwemmungsgebiete sowie die Einbeziehung von Grünflächen, die überschüssiges Wasser aufnehmen können. Es muss eine hochwasserresistente Infrastruktur gebaut werden, die sich zumindest minimal an den Wasserspiegellagen orientiert. Verbesserte Entwässerungssysteme können dazu beitragen, Überschwemmungen in städtischen Gebieten zu minimieren und zu bekämpfen. Die Wasserbewirtschaft muss verbessert werden, dabei kann verstärkte Abfallsammlung und -trennung helfen.
  • Frühwarnsysteme sind wichtig, um die Zahl der Todesfälle zu verringern. Rechtzeitige Warnungen können helfen, schnell zu reagieren und Leben und wertvolle Güter zu retten. Bei der Entwicklung von Katastrophenvorsorge- und Anpassungsstrategien müssen Menschen mit Fachwissen über extreme Risikofaktoren eine zentrale Rolle spielen.
  • Um die Verluste durch Überschwemmungen in Städten zu minimieren und den Schaden zu begrenzen, ist ein umfassender Ansatz nötig. Klimaresistente Strategien, die in einem bürgernahen Ansatz verankert sind, und ein striktes Verbot baulicher Eingriffe in bestehende Gewässer müssen Priorität haben, um die Herausforderungen zu bewältigen. Gewässer und Seen innerhalb und in der Umgebung von Städten müssen gesichert und geschützt werden und dürfen nicht für Immobilienspekulation und Bebauung freigegeben werden.
  • Jede Planung sollte auf dem Grundprinzip des «klimarisiko-informierten Entwicklungsprozesses» basieren. Dies sollte mit Hilfe eines Bottom-up-Ansatzes erreicht werden.
  • Wichtige Bereiche der Stadtentwicklung, bei denen dringender Handlungsbedarf besteht, sind Wohnen, Mobilität und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Für Städte im Globalen Süden und in Indien liegt ein weiterer Arbeitsschwerpunkt auf der Stadtverwaltung. Stadtverwaltungen zu befähigen, mit der Krise umzugehen, ist dabei von entscheidender Bedeutung. Im Mittelpunkt muss Anpassung stehen, da die meisten Städte extrem anfällig für klimabedingte Katastrophen sind. Der ungebremste Trend, die Städte zu Investitionsstandorten zu machen und sie großen Konzernen zu überlassen, hat die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vertieft. In den meisten Ländern lebt ein großer Teil der städtischen Bevölkerung in Slums – in Indien sind es 40 Prozent. Die Umweltverschmutzung trägt hier erheblich zur Verringerung der Lebenserwartung bei. Vor diesem Hintergrund ist ein radikales Umdenken in der Stadtpolitik erforderlich: Die Probleme, mit denen diese Menschen konfrontiert sind, müssen unter dem Blickwinkel des Klimawandels betrachtet werden, und wir müssen dafür sorgen, dass sie fair an Klimaschutzplänen beteiligt werden und zum Beispiel Entschädigungsansprüche geltend machen können.

Städte als Akteure in Klimaschutzplänen

Eine Möglichkeit, hier Fortschritte zu erzielen, könnte die Erstellung eines Klimaatlas für diese Städte sein, in dem sie kartiert und die Hotspots des Klimawandels erfasst werden. Dazu bedarf es eines umfassenden Fördersystems über die bestehende Finanzarchitektur, das auch die Ergebnisse der Klimakonferenzen (Conferences of Parties, COPs) des UN-Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen (UNFCCC) einbezieht. Gleichzeitig ist es möglich und nötig, dass Städte den UNFCCC-Prozess unterstützen. Bisher sind sie jedoch von der Teilnahme an der Erarbeitung der nationalen Klimaaktionspläne, die im Rahmen des UN-Prozesses eingereicht werden müssen, ausgeschlossen, dies gilt für die National Determined Contribution (NDCs) ebenso wie für die nationalen Anpassungspläne. Städtische Entscheidungsträger*innen und zivilgesellschaftliche Gruppen sind in diesen Prozessen so gut wie nicht vertreten. Eine Debatte über Klimagerechtigkeit und Entschädigungszahlungen für klimabedingte Schäden und Verluste findet kaum statt, und die Städte bleiben bei diesen Prozessen außen vor. Es gilt also, Handlungsspielräume auf den Klimakonferenzen und im Vorfeld in den jeweiligen Ländern zurückzuerobern. Städte müssen ihren Einfluss bei der Entwicklung von Klimaaktionsplänen zurückgewinnen und ein faires Mitspracherecht bei der Planung von Mitigations- und Anpassungsstrategien erhalten.

Das ändert nichts an der Tatsache, dass manche Städte wie Chennai mit ihrem Klimaaktionsplan eine Vorreiterrolle spielen und beschlossen haben, ihre Null-Emissionsziele bis 2050 zu erreichen, also noch vor dem von der indischen Regierung für 2070 gesetzten Ziel. Die Stadt arbeitet derzeit an einem Klimaaktionsplan, zu dessen Prioritäten die Verringerung des Wärmeinseleffekts gehört. Chennai hat nur 12 Prozent Grünfläche, während Städte wie Kolkata, Delhi und Bangalore über mehr als 20 Prozent verfügen. Die erste Aufgabe besteht also darin, solche Räume durch urbane Gestaltung zu schaffen. Bäume entlang von Straßen und schattige Gehwege helfen Wanderarbeiter*innen und anderen, die solche Fußwege nutzen.

Eine zweite Aufgabe besteht darin, Empfehlungen zu geben, wie Gebäude angemessen isoliert und belüftet werden können, um den Energieverbrauch für die Kühlung zu reduzieren. Es wird geschätzt, dass 50 Prozent des gesamten Energieverbrauchs im Sommer für die Klimatisierung von Gebäuden in Chennai benötigt werden. Der Klimaaktionsplan gibt Empfehlungen, welche Klimaanlagen am besten geeignet sind, und rät, die Thermostate auf 25 Grad Celsius zu begrenzen. Darüber hinaus setzt der Plan auf den öffentlichen Nahverkehr und die Reduzierung des Individualverkehrs. Schätzungen zufolge könnte der Energieverbrauch dadurch um 40 bis 50 Prozent gesenkt werden.

Zu den größten Herausforderungen bei der Erstellung solcher Pläne gehören Fragen nach dem Eigentum und den Genehmigungsverfahren. Wem gehören diese Pläne? Wenn Stadtverwaltungen direkt an solchen Plänen beteiligt sind, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie auch umgesetzt werden. Wenn aber halbstaatliche Stellen das Sagen haben, sind die Pläne nur eine weitere Akte in einem Ordner! Eine weitere große Herausforderung ist die Ratifizierung und rechtliche Zuständigkeit. Die Stadt wird nicht vollständig von der Stadtregierung kontrolliert. Die halbstaatlichen Institutionen, von denen die meisten der Landes- und Zentralregierung unterstehen, sollten in solche Aufgaben einbezogen werden. Nur so können die gewünschten Ergebnisse erzielt werden.

Aus dem Englischen von Camilla Elle und Charlotte Thießen für Gegensatz Translation Collective.