Nachricht | Geschichte Eine Militärdiktatur im Kontext des Kalten Krieges

Griechenland von 1967 bis 1974

Am 23. Juli 1974 um 19:03 Uhr gab der griechische Rundfunk bekannt, dass die Militärjunta entschieden habe, die Macht an eine zivile Regierung zu übergeben. Noch in der Nacht waren die Straßen Athens erfüllt von einem spontanen Volksfest und den größten Massendemonstrationen seit dem Abzug der deutschen Besatzungstruppen im Oktober 1944. 50 Jahre später muten die sieben Jahre der Diktatur in Griechenland wie ein Anachronismus an. Aber sie stehen im Kontext der griechischen Nachkriegsgeschichte. Und sie sind ein Beispiel für den autoritären Charakter des Antikommunismus des Kalten Krieges.

Sieben Jahre Diktatur und Widerstand

Wenige Wochen vor den Parlamentswahlen am 21. April 1967 putschte das Militär in Athen und errichtete eine Diktatur, die - zur Überraschung vieler - sieben lange Jahre überdauerte. Innerhalb weniger Stunden gelang es den Putschisten, die Hauptstadt zu kontrollieren. Militäreinheiten besetzten alle strategisch wichtigen Orte und verhafteten Tausende von Bürger*innen. König Konstantin zögerte, sich den Obristen entgegenzustellen, und verschaffte ihnen so wertvolle Zeit, um mögliche Gegenreaktion aus den königstreuen Einheiten des Militärs zu verhindern.

Zinovia Lialiouti ist Assistenzprofessorin für moderne und zeitgenössische europäische Geschichte am Institut für Politikwissenschaft und öffentliche Verwaltung der Nationalen und Kapodistrias-Universität Athen. Sie ist außerdem Direktorin des Instituts zur Erforschung der griechisch-deutschen Beziehungen am gleichen Fachbereich.

Noch in der Nacht zum 22. April 1967 wurden zentrale Personen des politischen Lebens in Haft genommen. Darunter befanden sich der ehemalige fortschrittliche Ministerpräsident Georgios Papandreou (1888 – 1968), der 1965 von der Rechten aus dem Amt gedrängt worden war, und sein Sohn Andreas Papandreou(1919 – 1996), der sich gerade anschickte, als aussichtsreicher Kandidaten der Linken in das Rennen um das Ministerpräsidentenamt zu gehen. Die Obristen rechtfertigten ihren Putsch, den sie als «Revolution» bezeichneten, mit einer angeblichen kommunistischen Verschwörung. Das bestehende System lehnten sie als gescheitert ab. Scharfer Antikommunismus, Chauvinismus und Antiparlamentarismus waren die Kernelemente ihres ideologischen Profils. Bürgerliche Freiheitsrechte wurden unterdrückt, die Presse einer strengen Zensur unterworfen und ein umfangreicher Propagandamechanismus in Gang gesetzt. Eine Welle von Verhaftungen, Verbannungen, Folter und Überwachung richtete sich insbesondere gegen die griechische Linke. Trotz einer mehrheitlich ablehnenden Stimmung in der Bevölkerung konnte sich das Militärregime durch die Repression stabilisieren.

Nach dem portugiesischen Estado Novo (1926-1974) und dem franquistischen Spanien (1936-1975) ist die griechische Junta die letzte der Diktaturen des europäischen Südens und die einzige, die nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurde. Die griechische Junta schien daher in vielerlei Hinsicht ein Anachronismus zu sein. Sie entstand zu einem Zeitpunkt, als die griechische Gesellschaft die Folgen des Bürgerkriegs (1946-1949) weitgehend überwunden hatte und sich in einer Phase der wirtschaftlichen Entwicklung sowie der sozialen und kulturellen Modernisierung befand. In diesem Kontext schien der extreme Antikommunismus, Autoritarismus und Militarismus deplatziert.

Widerstand ließ nicht lange auf sich warten. Im August 1968 scheiterte Alecos Panagoulis mit einem Attentat auf den Junta-Chef Georgios Papadopoulos (1919 – 1999). Er wurde inhaftiert und brutal gefoltert. Im November 1968 starb Georgios Papandreou im Hausarrest. Seine Beerdigung verwandelte sich in eine Massendemonstration gegen das Regime. Bereits 1968 begannen sich in Griechenland Widerstandsgruppen zu bilden. Es waren vor allem die Jugendlichen, die protestierten. Insbesondere an den Universitäten wuchsen und radikalisierten sich die Proteste.

Die protestierenden Jugendlichen waren durch die Ablehnung des Autoritarismus und reaktionären Konservatismus der Obristen motiviert. Wie ihre westlichen Altersgenossen standen sie «zwischen Marx und Coca-Cola». Sie wandten sich entschieden gegen den «US-Imperialismus», den sie für die Unterstützung der Junta verantwortlich machten. Gleichzeitig rezipierten sie die musikalischen, literarischen und filmischen Entwicklungen mit vielen Impulsen der US-amerikanischen Protestkultur der Zeit.

Zentrales Ereignis der Jugendproteste wurde der Aufstand am Polytechnio (Technische Universität) im Zentrum Athens. Einige Tausend Studierende besetzten am 14. November 1973 die Universitätsgebäude. Bis zu 15.000 Menschen demonstrierten am folgenden Tag am Polytechnio, darunter viele Arbeiter*innen und Intellektuelle. Die Proteste schwappten schnell auf andere Städte über. Doch schon in der Nacht auf den 17. November rückte das Militär mit Panzern und Soldaten an und stürmte die Uni: Mindestens zwei Dutzend Protestierende wurden getötet, Hunderte verletzt und verhaftet.

Der Aufstand im November 1973 stellte eine Zäsur dar. Er zeigte nicht nur den wachsenden Widerstand, sondern auch die interne Zerrüttung des Regimes. Der vorsichtige Liberalisierungskurs des Obristen-Chefs Papadopoulos, den dieser seit Beginn des Jahres eingeschlagen hatte, war offenkundig gescheitert. Nun schlug die Stunde der Hardliner. Der Chef der gefürchteten Militärpolizei ESA, Dimitrios Ioannidis, mobilisierte am 25. November 1973 Truppen zu einem Putsch innerhalb des Regimes und setzte Papadopoulos ab. Ioannidis hatte zuvor auch die Niederschlagung des Aufstands am Polytechnio kommandiert.

Ioannidis kurze Zeit an der Spitze der Junta markierte die letzte Phase der Diktatur, die durch eine Radikalisierung der inneren Repression und äußere Aggression geprägt war. Mitte Juli 1974 inszenierte Ioannidis einen Putsch gegen den Präsidenten der Republik Zypern, Erzbischof Makarios, und wollte einen Anschluss Zyperns an Griechenland durchsetzen. Damit lieferte die Junta der Türkei die Gelegenheit für eine militärische Invasion der Insel, die zu ihrer dauerhaften Teilung führen sollte.

Die mangelnde militärische Fähigkeit Griechenlands, wirksam auf die türkische Invasion zu reagieren, ließ die Junta schließlich zusammenbrechen. Regime-kritische Teile der Marine setzten Ioannidis ab. Am 24. Juli 1974 – nur einen Tag nach der Verkündung des Rücktritts der Junta im Radio – kehrte der ehemalige Ministerpräsident Konstantinos Karamanlis nach Athen zurück und übernahm den Vorsitz einer Regierung der nationalen Einheit, die die demokratischen Institutionen des Landes wiederherstellen sollte. Seine neue Regierung stellte die bürgerlichen Freiheiten wieder her und ließ alle politischen Gefangenen frei. Im September 1974 wurde die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) legalisiert.

Griechenland als Frontstaat im Kalten Krieg

Die Etablierung der Militärdiktatur war untrennbar mit den internationalen Beziehungen im Kontext des Kalten Krieges (1947-1989/91) verbunden. Obwohl im Zweiten Weltkrieg die von der Kommunistischen Partei geführte antifaschistische Partisanenbewegung den entscheidenden Beitrag zur Niederlage der deutschen Besatzung im Herbst 1944 leistete, wurde Griechenland von den Alliierten (mit Zustimmung Stalins) nicht der sowjetischen, sondern der britischen Einflusszone zugeschlagen. Dies erzeugte eine scharfe Konfrontation zwischen den griechischen Kommunisten und Großbritannien, die im Dezember 1944 nach Abzug der Deutschen in Athen blutig ausgetragen wurde.[1] Der Weg in den Bürgerkrieg von 1946 – 1949 war damit vorgezeichnet. Von Großbritannien unterstützte rechte und monarchistische Regierungstruppen bekämpften die kommunistischen Verbände. Viele Zehntausend Tote und Hunderttausende Flüchtlinge waren die Folge. Ab 1946 griffen die USA aufseiten Großbritanniens und der griechischen Rechten in den Bürgerkrieg ein.

In der internationalen Öffentlichkeit galt der griechische Bürgerkrieg bald als eine der «heißen» Fronten des aufziehenden Kalten Krieges. Die Intervention der USA wurde durch die Truman-Doktrin im März 1947 eingeleitet. Mit militärischer und umfangreich gewährter Wirtschaftshilfe wurde Griechenland zu einem Testfall für die US-amerikanische Führung der «Freien Welt» in der Konfrontation mit dem «Totalitarismus», wie die westliche ideologische Rahmensetzung der Rivalität im Kalten Krieg lautete. Etabliert wurde ein parlamentarisches System mit autoritären Zügen und zugleich in begrenztem Rahmen liberalen politischen Institutionen. Gleichzeitig förderten sie das wirtschaftliche Wachstum sowie soziale und kulturelle Modernisierung.

Die Frage nach der Rolle der USA bei der Errichtung der Diktatur ist in der akademischen und öffentlichen Diskussion ausgiebig diskutiert worden. Man kann konstatieren, dass die US-Regierung den von den Obristen am 21. April 1967 durchgeführten Staatsstreich weder inszeniert noch gefördert hat. Die Verantwortung für den Ausbruch und die Entwicklung des Putsches liegt zuallererst bei den griechischen Akteuren begründet. Allerdings hatten die Putschisten, wie z.B. der berüchtigte Militär Papadopoulos, zuvor ausgiebig Verbindungen zu den US-Geheimdiensten unterhalten und muss die US-Außenpolitik in Griechenland in ihrer Gesamtheit als ein Hauptfaktor für die so genannte «kränkliche Demokratie» genannt werden. Damit ist von 1946 - 1967 ein kaum ausbalanciertes Miteinander gemeint von parlamentarischem System und nicht-parlamentarischen Akteuren (der Monarchie, der Armee und aus der US-Außenpolitik), die ihre wichtigsten Unterstützer in der Regel in der US-Botschaft in Athen fanden. Auch wenn sich diese nicht-parlamentarischen Akteure nicht immer einig waren, verfolgten sie doch das gemeinsame Ziel, den antikommunistischen Status quo in Griechenland zu bewahren. Mit dem Funktionieren einer echten Demokratie war ihr Handeln jedoch unvereinbar.

Die Widersprüchlichkeit der Rolle der USA, aber auch die der NATO und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zeigte sich ebenso im Verlauf der Diktatur. Schon bald nach dem Militärputsch im April 1967 orientierte die US-amerikanische Außenpolitik auf die Notwendigkeit einer Normalisierung ihrer Beziehungen zur Junta, ohne zu einer offiziellen Anerkennung des neuen Regimes zu gelangen. Angesichts des arabisch-israelischen Krieges (Juni 1967) benötigten die USA einen uneingeschränkten Zugang zum griechischen Luftraum und die ungehinderte Nutzung der in Griechenland befindlichen militärischen, geheimdienstlichen und kommunikationstechnischen Einrichtungen der USA.

Die US-Beamten jedoch gingen davon aus, dass die Junta nur ein vorübergehendes Regime sein würde, und sie waren besorgt über den Schaden für das Image der USA und der NATO, den eine allzu offensichtliche Unterstützung anrichten könnte. Im Hintergrund versuchten verschiedene Akteure der US-Außenpolitik daher, den Übergang zur Demokratie vorzubereiten und Beziehungen zu Gruppen und Personen zu pflegen, die sie als künftige politische und intellektuelle Eliten Griechenlands identifizierten.

Der neue US-Präsident Richard Nixon (1969 – 1974) – in Verbindung mit Außenminister Henry Kissinger – intensivierten allerdings die Beziehungen mit der Junta. Seiner Regierung schienen die moralischen Implikationen einer Zusammenarbeit mit der griechischen Diktatur gleichgültig zu sein. Im Jahr 1969 beschloss die US-Administration, das von der vorherigen Administration verhängte – teilweise und eher lockere – Embargo für Waffenverkäufe an die Junta aufzuheben.

Auch die europäischen Staaten changierten in ihrer Politik gegenüber der Junta. Die umfassenden Menschenrechtsverletzungen durch das Regime riefen Empörung hervor. Bereits im September 1967 reichten die Niederlande, Norwegen, Schweden und Dänemark vor dem Europarat eine Klage gegen das griechische Regime ein, während Amnesty International begann, die Menschenrechtsverletzungen der Junta systematisch zu untersuchen. 1969 war Griechenland praktisch aus dem Europarat ausgeschlossen, wobei die Junta sich – technisch gesehen – selbst aus dem Rat zurückgezogen hatte. Die EWG setzte die seit 1961 laufenden Beitrittsverhandlungen mit Griechenland aus und nahm sie erst nach dem Abtritt der Obristen 1974 wieder auf.

Viele europäische Regierungen, einschließlich der Bundesrepublik Deutschlands und Großbritanniens, waren jedoch nicht bereit, die wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen zum Regime der Obristen zu gefährden, und lehnten jeden Gedanken an einen Austritt oder Ausschluss Griechenlands aus der NATO ab. Die Bundesrepublik Deutschland vertrat sogar die Auffassung, dass eine Isolierung der Junta Liberalisierungsversuche vor Ort erschweren würde.

Auswirkungen der Diktatur und die post-autoritäre politische Kultur

Die Diktatur spielt in der politischen Kultur und den Erinnerungspraktiken des postautoritären Griechenlands seit 1974 eine zentrale, aber nicht unumstrittene Rolle.

Besonders hervorzuheben ist die öffentliche Wahrnehmung des Widerstands gegen das Militärregime, die sich um den Aufstand am Polytechnio im November 1973 rankt. Dieser ist fester Bestandteil der Mythen der als Dritte Hellenische Republik bezeichneten Demokratie seit 1974. Der Regimewechsel nach dem Sturz der Diktatur erforderte eine Neuinterpretation der nationalen Vergangenheit und der nationalen Identität. Ein grundlegender Aspekt dieses Prozesses war die Frage nach der Verantwortung der Gesellschaft und ihrer verschiedenen Akteure an der Errichtung der Militärjunta und der Zypern-Tragödie sowie die Auseinandersetzung mit den äußeren Feindbildern. Der Antiamerikanismus erwies sich in den Erklärungsnarrativen als mächtiges Interpretationsschema, nicht nur in Bezug auf die Militärdiktatur, sondern auch in Bezug auf die gesamte Nachkriegszeit und das, was als «kränkliche Demokratie» bezeichnet wurde.

In diesem Zusammenhang wurde auch eine Verbindung hergestellt zwischen der deutschen Besatzung und der begrenzten Souveränität Griechenlands unter dem Einfluss der USA, wonach der Aufstand am Polytechnio schließlich als ein Glied in der Kette von Widerstandsepisoden betrachtet wurde, die die Geschichte des griechischen Volkes seit dem Unabhängigkeitskrieg 1821 – 1829 gegen die Osmanische Herrschaft charakterisierten.

Die ersten Parlamentswahlen nach dem Ende der Diktatur wurden auf Beschluss von Karamanlis am ersten Jahrestag der Niederschlagung des Aufstandes am Polytechnio abgehalten. Eine Woche nach den Wahlen wurde im Rahmen des öffentlichen Gedenkens ein Marsch zur US-Botschaft organisiert, der das Muster für das Ritual des Gedenkens in den folgenden Jahren vorgab. Rund eine Million Menschen und damit mehr als 10 Prozent der Gesamtbevölkerung sollen 1974 an diesem ersten Marsch teilgenommen haben. Der Marsch war geprägt durch Parolen wie «Raus mit den Amerikanern» und «Mörder der Völker» – Ausdruck auch einer antiamerikanischen Schuldabwehr in der griechischen Gesellschaft nach 1974.

Das Gedenken an den Aufstand am Polytechnio als ein Mittel zur Institutionalisierung der Erinnerung an die «kränkliche Demokratie», die Diktatur und ihre antiamerikanischen Implikationen betrachtet werden. Die griechische Linke und die linke politische Mitte des Landes trafen sich in der Rahmung des Aufstandes am Polytechnio als «nationales Symbol» und als legitimierendes Narrativ der Dritten Hellenischen Republik. Die griechische Linke betonte dabei den antiamerikanischen und antiimperialistischen Gehalt des Aufstands, während die linke Mitte den Widerstand als Eigenschaft des griechischen Volkes hervorhob.

Parallel dazu hatten in den 1970er und frühen 1980er Jahren die Erfahrungen der Diktatur einen entscheidenden Einfluss auf die pro-europäische Ausrichtung der griechischen Gesellschaft. Die Europäisierung wurde nicht nur als Perspektive für ein höheres Wirtschaftswachstum wahrgenommen, sondern – was vielleicht noch wichtiger ist – als Weg zur Sicherung der Stabilität der demokratischen Institutionen und Gegengewicht zum geopolitischen Einfluss der USA in Griechenland.

Während der jüngsten Wirtschaftskrise (2010-2018) wurden der Aufstand vom 17. November 1974 und sein Jahrestag infolge der Spaltung der Gesellschaft zwischen Memorandum- und Anti-Memorandum-Parteien auf ganz neue Weise politisiert. Innerhalb des Anti-Memorandum-Lagers wurde der Aufstand als Referenzpunkt des Widerstands gegen die Einschränkungen der Demokratie durch die Sparpolitik und ihre Folgen gesehen. «Die Junta endete nicht 1973» war der Slogan, der diese Stimmung einfing und sich bei den Mobilisierungsprotesten gegen die Austeritäts-Memoranden von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) durchsetzte.

Nicht sehr überraschend ist die Erinnerung am Polytechnio am rechten Ende des politischen Spektrums eine andere. Bewusst werden erwiesene historische Fakten in Frage gestellt und gar behauptet, dass es sich bei den Jahren der Militärdiktatur um eine «unblutige Episode» gehandelt habe.

Während es der Wissenschaft gelungen ist, in den öffentlichen Diskursen einige der giftigsten Mythen der mit der Junta sympathisierenden extremen Rechten zu entkräften, wirkt die Diktatur im Staatsapparat selbst weiter. Die griechischen Regierungen nach 1974 verfolgten nur teilweise einen Prozess zur Beseitigung des Erbes der Junta in der Armee und den Polizeikräften. Dadurch genoss die Diktatur noch Jahrzehnte nach ihrem Zusammenbruch ein positives Image bei Militär und Polizei.

Breit geteilt ist weiterhin auch die Vorstellung, dass die Junta einen positiven Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes geleistet habe. Kürzlich haben mehrere Meinungsumfragen bestätigt, dass die überwältigende Mehrheit der Griechen die Diktatur zwar als «dunkle Periode» in der griechischen Geschichte ablehnt und die Demokratie schätzt. Dennoch scheinen 32 Prozent der Griechen immer noch zu glauben, dass die Diktatur «eine gute Zeit für die Wirtschaft des Landes» war, 37 Prozent glauben, dass die «Bauern» von der Diktatur profitiert haben, und 56 Prozent teilen die Ansicht, dass die Junta große Infrastrukturarbeiten im Straßennetz des Landes durchgeführt hat.[2]

Zum 50. Jahrestag des Falls der Junta gilt es heute daher, weiterhin den Mythen der Rechten entgegenzuarbeiten, die Erinnerung an die Repression wach zu halten, auch um dem erneute Wachstum rechtsextremistischer Kräfte zu begegnen.


[1] Bei den «Dezember-Ereignissen» handelt es sich um einen Konflikt, den die prokommunistische Widerstandsgruppe EAM/ELASund Einheiten der griechischen Regierung – unterstützt durch die britische Armee und rechtsgerichtete paramilitärische Organisationen – vom 3. Dezember 1944 bis zum 11. Januar 1945 in Athen bewaffnet austrugen.

[2] ΑΠΟ ΤΗΝ ΔΙΚΤΑΤΟΡΙΑ ΤΟΥ 1967 ΣΤΟ ΠΟΛΥΤΕΧΝΕΙΟ ΤΟΥ 1973, https://prorata.gr

Textredaktion und Übersetzung: Boris Kanzleiter. Eine ähnliche Fassung dieses Beitrages erschien in Sozialismus, Heft 7-8/24.