Dokumentation Diplomatie jetzt!

Internationale Konferenz verabschiedet einen Appell für den Frieden in der Ukraine

Information

Veranstaltungsort

Rosa-Luxemburg-Stiftung
Straße der Pariser Kommune 8A
10243 Berlin

Zeit

31.08.2024

Themenbereiche

Krieg / Frieden, Die Waffen nieder

Zugehörige Dateien

Das Blutvergießen in der Ukraine muss ein Ende finden. Wir stehen an der Seite der Menschen in der Ukraine und aller Opfer dieses Krieges. Sie alle brauchen so schnell wie möglich eine Perspektive von Frieden und Freiheit. Ohne Verhandlungen wird das kaum möglich sein. Lediglich 20 Prozent aller zwischenstaatlichen Kriege enden mit einem Sieg oder einer Niederlage, und dies oft erst nach vielen Jahren. Daher müssen wir jetzt alle Anstrengungen unternehmen, um den Weg für Friedensverhandlungen zu ebnen.

Auch wenn es wenig Signale aus dem Kreml gibt, dass Interesse an Verhandlungen besteht, die über Gefangenenaustausch und dergleichen hinausgehen: Verhandlungen lassen sich auch herbeiverhandeln. Es ist zu wenig, einfach nur darauf zu warten, dass sich die Regierungen in Kyjiw und Moskau aus eigener Motivation an einen Tisch setzen oder die Kriegsmüdigkeit der in diesem blutigen Abnutzungskrieg die Regierungen dazu zwingt. Wir wollen hier in Deutschland, Europa und dem Westen nicht mehr ausschließlich darüber diskutieren, welche Waffen als Nächstes geliefert werden sollen. Stattdessen wollen wir darüber diskutieren, wie die Regierungen des «Westens» Friedensgespräche ermöglichen, vereinfachen oder anstoßen könnten. Wer sind mögliche und notwendige Partner dabei? Wie können diplomatische Initiativen aus China, Brasilien, von Seiten der afrikanischen oder anderen Staaten genutzt werden, um gemeinsam Druck auf die Kriegsparteien auszuüben? Es braucht den Druck auf unsere Regierungen, die derzeit mehr mit der Systemkonfrontation mit China und Russland beschäftigt sind, als mit wirklicher Solidarität mit den Menschen in der Ukraine.

Mit internationalen Gästen, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen aus der Ukraine, Russland, China, Brasilien, Südafrika, Indien und vielen europäischen Ländern diskutieren wir über Wege einer gemeinsamen neuen internationalen Initiative für Diplomatie. Auf der Konferenz am 31.8.2024 wurde ein Appell für Verhandlungen und Druck auf unsere Regierungen verabschiedet. Endlich soll nicht mehr nur in Waffen, sondern auch in Diplomatie zu investiert werden. Denn es geht um das Leben der Menschen, ihren Frieden und ihre Freiheit – und um die Frage, wie Frieden und Sicherheit in Europa künftig ohne weitere militärische Aufrüstung gesichert werden können und wie eine neue Blockkonfrontation verhindert werden kann, auch im Interesse anderer großer globaler Anliegen wie soziale Gerechtigkeit, Klima, Umwelt und demokratische Teilhabe.

Der Appell

Diplomatie jetzt!

Details

Mit:

Ines Schwerdtner (RLS)

Ingar Solty (RLS)

Heinz Bierbaum (Vorstandsvorsitzender RLS)

Luciana Castellina (Sinistra Italiana)

Evgeny Stupin (Politiker und Friedensaktivist)

Gesine Lötzsch (MdB, Die Linke)

Janine Wissler (Vorsitzende Die Linke)

Walter Baier (Europäische Linke)

Kazuo Shii (Vorsitzender des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Japan)

Marc Botenga (Mitglied des Europaparlaments, belgische Partei der Arbeit)

David Adler (Progressive International)

Jeremy Corbyn (Peace & Justice Project)

Das Blutvergießen in der Ukraine muss ein Ende finden. Wir stehen an der Seite der Menschen in der Ukraine und aller Opfer dieses Krieges. Sie alle brauchen so schnell wie möglich eine Perspektive von Frieden und Freiheit. Ohne Verhandlungen wird das kaum möglich sein. Lediglich 20 Prozent aller zwischenstaatlichen Kriege enden mit einem Sieg oder einer Niederlage, und dies oft erst nach vielen Jahren. Daher müssen wir jetzt alle Anstrengungen unternehmen, um den Weg für Friedensverhandlungen zu ebnen.

Auch wenn es wenig Signale aus dem Kreml gibt, dass Interesse an Verhandlungen besteht, die über Gefangenenaustausch und dergleichen hinausgehen: Verhandlungen lassen sich auch herbei verhandeln. Es ist zu wenig, einfach nur darauf zu warten, dass sich die Regierungen in Kyjiw und Moskau aus eigener Motivation an einen Tisch setzen oder die Kriegsmüdigkeit der in diesem blutigen Abnutzungskrieg die Regierungen dazu zwingt. Wir wollen hier in Deutschland, Europa und dem Westen nicht mehr ausschließlich darüber diskutieren, welche Waffen als Nächstes geliefert werden sollen. Stattdessen wollen wir darüber diskutieren, wie die Regierungen des «Westens» Friedensgespräche ermöglichen, vereinfachen oder anstoßen könnten. Wer sind mögliche und notwendige Partner dabei? Wie können diplomatische Initiativen aus China, Brasilien, von Seiten der afrikanischen oder anderen Staaten genutzt werden, um gemeinsam Druck auf die Kriegsparteien auszuüben? Es braucht den Druck auf unsere Regierungen, die derzeit mehr mit der Systemkonfrontation mit China und Russland beschäftigt sind, als mit wirklicher Solidarität mit den Menschen in der Ukraine.
 

Zum Appell

Beiträge/Workshops

  • Bestandsaufnahme und warum wir jetzt Diplomatie brauchen
    Perspektiven aus der Ukraine und Russland (Yurii Sheliazhenko, International Peace Bureau- Evgeni Stupin, Politiker und Antikriegsaktivist)
  • Internationale diplomatische Initiativen
    Brasilien (Mónica Valente, Arbeiterpartei PT - Ana Garcia, PUC Rio)
    Indien (Anuradha Chenoy, Jindal Global University)
    China (Wang Hui, Tsinghua Universität)
    Südafrika (Vishwas Satgar, Universität Withwatersrand)
  • Internationale Positionen
    Japan (Kazuo Shii, Vorsitzender des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Japan)
    Italien (Luciana Castellina, Sinistra Italiana)
    Belgien (Marc Botenga, Mitglied des Europaparlaments, Partei der Arbeit)
    Europäische Linke (Vorsitzender, Walter Baier)
    Deutschland (Janine Wissler, Parteivorsitzende Die Linke - Peter Brandt, Fernuniversität Hagen)
    Spanien (José Luis Centella, Vorsitzender der Kommunistischen Partei Spaniens - Marta Martin, Internationale Beziehungen der Kommunistischen Partei Spaniens)
    Peace & Justice Project (Jeremy Corbyn)
    Progressive International (David Adler)

Statement von Mónica Valente, PT Brasilien

Ich möchte mich für die Einladung der Arbeiterpartei Brasiliens (PT) zur Teilnahme an der internationalen Konferenz «Diplomatie jetzt – Appell für Frieden» bedanken. Die Konferenz wurde von der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit dem Ziel organisiert,  konkrete Vorschläge für Maßnahmen zur Beendigung des Konflikts zwischen der Ukraine und Russland zu diskutieren, der alle Völker und Länder der Welt bedroht.

Wie es in der Einladung zur Konferenz hieß, «wissen wir alle, dass es in der internationalen Linken unterschiedliche Perspektiven auf diesen Krieg gibt». Aber wir glauben auch, dass eine gemeinsame Position möglich ist: ein gemeinsamer Aufruf zu Verhandlungen und Druck auf unsere Regierungen, damit sie  ihre diplomatischen Bemühungen verstärken. «Denn das Leben der Menschen, ihr Frieden und ihre Freiheit stehen auf dem Spiel.»

Zunächst möchte ich betonen, dass die Regierung von Präsident Lula die russische Invasion auf ukrainischem Territorium stets verurteilt hat, da wir das Prinzip der territorialen Integrität der Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zutiefst respektieren. Dies wird durch zahlreiche Stellungnahmen der brasilianischen Diplomatie in den Gremien der Vereinten Nationen belegt.

Zweitens verurteilen Brasilien und die Regierung Lula die Anwendung von Instrumenten wie unilateralen Wirtschaftssanktionen. Wirtschaftliche Macht und die Beherrschung des internationalen Finanzsystems durch Instrumente wie das SWIFT-System dürfen nicht als Druckmittel gegen Länder und Völker eingesetzt werden. Zum einen schaden sie in vielen Fällen den Völkern mehr als den Regierungen, zum anderen scheinen sie im Falle Russlands unwirksam zu sein.

Und drittens glaubt die Regierung von Präsident Lula nicht, dass ein Friedensabkommen ohne die Beteiligung beider Konfliktparteien möglich ist. Diejenigen von uns, die wirklich ein Friedensabkommen wollen, wissen das.

In diesem Zusammenhang möchte ich Elemente einer gemeinsamen Erklärung von Brasilien und China hervorheben, die Ende Mai 2024 veröffentlicht wurde und die brasilianische Position zusammenfasst:

  1. Alle relevanten Akteure sind aufgerufen, drei Grundsätze zur Deeskalation des Krieges zu beachten: keine Ausweitung des Schlachtfeldes, keine Intensivierung der Kampfhandlungen und keine Verschärfung der Situation auf irgendeiner Seite.
  2. Dialog und Verhandlungen sind die einzige praktikable Lösung für die Krise in der Ukraine. Alle beteiligten Akteure müssen die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme eines direkten Dialogs schaffen und die Deeskalation der Lage bis zu einem umfassenden Waffenstillstand fördern.
  3. Es müssen Anstrengungen unternommen werden, um die humanitäre Hilfe in den betroffenen Gebieten zu verstärken und eine humanitäre Krise größeren Ausmaßes zu verhindern. Angriffe auf Zivilpersonen oder zivile Einrichtungen sind zu vermeiden und die Zivilbevölkerung, einschließlich Frauen, Kinder und Kriegsgefangene, ist zu schützen.
  4. Der Einsatz von Massenvernichtungswaffen, insbesondere von atomaren, chemischen und biologischen Waffen, ist auszuschließen. Es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um die Weiterverbreitung von Kernwaffen zu verhindern und eine nukleare Krise zu vermeiden.
  5. Angriffe auf Kernkraftwerke oder friedliche kerntechnische Anlagen sind zu unterlassen. Alle Parteien müssen das Völkerrecht, einschließlich des Übereinkommens über nukleare Sicherheit, einhalten und von Menschen verursachte nukleare Unfälle entschlossen verhindern.
  6. Die Aufteilung der Welt in isolierte politische oder wirtschaftliche Gruppen muss vermieden werden. Wir müssen weitere Anstrengungen unternehmen, um die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Währungspolitik, Finanzen, Handel, Lebensmittelsicherheit und Sicherheit kritischer Infrastrukturen, einschließlich Öl- und Gaspipelines, optischer Unterseekabel, Strom- und Energieanlagen sowie Glasfasernetze, zu stärken, um die Stabilität globaler Industrie- und Lieferketten zu schützen.

Die Mitglieder der internationalen Gemeinschaft müssen gemeinsam eine konstruktive Rolle bei der Deeskalation und der Förderung von Friedensgesprächen spielen.

Brasilien und Präsident Lula unterstützen eine internationale Friedenskonferenz zum richtigen Zeitpunkt, die sowohl von Russland als auch von der Ukraine anerkannt wird. Sie sollte eine faire Diskussion aller Friedenspläne unter gleichberechtigter Beteiligung aller beteiligten Parteien ermöglichen.

Mónica Valente,  Mitglied des Nationalen Vorstands der PT Brasilien, 31. August 2024

Das könnte Sie auch interessieren

Video | 02.09.2024Jan van Aken: «Worte statt Waffen»

«linksbündig» Buchpremiere, Ulrike Winkelmann im Gespräch mit dem Autor