Nachricht | Wirtschafts- / Sozialpolitik - Parteien / Wahlanalysen - Bildungspolitik - Koalition ohne Fortschritt - Verteilungskrise Bundeshaushalt 2025: Ideologisch eingemauert

Über finanzpolitische Tricksereien, Nebelkerzen und eine Wette auf die Zukunft

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Eva Völpel,

Bundespressekonferenz, 5.7.2024: Finanzminister Christian Lindner, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz stellen den Bundeshaushalt 2025 vor.
Bundespressekonferenz, 5.7.2024: Finanzminister Christian Lindner, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz stellen den Entwurf des Bundeshaushalts 2025 vor. Foto: IMAGO / Political-Moments

Der Bundeshaushalt für 2025 ist ein investitionspolitisches Armutszeugnis und eine unsichere Wette auf die wirtschaftliche Entwicklung. Und er zeigt erneut, wie sehr die marktliberale Ideologie und die FDP die Ampelkoalition haushaltspolitisch dominieren.

Für Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist der Haushaltsentwurf für 2025, der in dieser Woche in die parlamentarische Beratung geht, gelungen: Schuldenbremse trotz wachsender Kritik daran eingehalten, Unternehmen und vor allem Besserverdienende steuerlich entlastet, Ausgaben an diversen Stellen «priorisiert» und dazu noch – angebliche – Rekordinvestitionen auf den Weg gebracht.

Eva Völpel ist Referentin für Wirtschafts- und Sozialpolitik der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Rund 488 Milliarden Euro sind für den Bundeshaushalt in 2025 eingeplant – auf dem Papier nicht viel weniger als in 2024. Allerdings ist entscheidend, wofür nun das Geld ausgegeben wird. Mehr Geld wird im nächsten Jahr unter anderem in Aufrüstung und innere Sicherheit fließen, in die steuerliche Entlastung von Unternehmen und in die Bahn – gekürzt wird hingegen an vielen größeren und kleineren Posten: Bei Geldern für die Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, den Bundeszuschüssen für die Sozialkassen, beim Bürgergeld, den Geldern für die Arbeitsvermittlung, Freiwilligendiensten, den Zuschüssen für Wohlfahrtsverbände oder der freien Kulturszene, um nur einige Schlaglichter zu nennen.

Unter dem Diktat der Schuldenbremse

Denn: Der Haushalt steht erneut unter dem Diktat der Schuldenbremse. Zwar forderte vor allem ein großer Teil der SPD-Fraktion, erneut eine Notlage zu erklären und die Schuldenbremse damit auszusetzen. Doch bei Olaf Scholz war mit diesem Ansinnen nicht viel zu gewinnen und auch Robert Habeck war nicht gewillt, dafür den Koalitionsbruch mit den Liberalen zu riskieren. Stattdessen nutzt die Ampel nun mehrere andere Stellschrauben: Die Zinskosten für Staatsanleihen werden künftig anders verbucht (das erhöht den Etatspielraum um rund sieben Milliarden Euro) und die Art und Weise, wie der Verschuldungsspielraum im Rahmen der Schuldenbremse in konjunkturellen Auf- oder Abschwüngen ermittelt wird, wird verändert (sogenannte Konjunkturkomponente). Das erhöht den Etatspielraum noch einmal um rund 3,4 Milliarden Euro. Die Bahn wiederum erhält statt Zuschüssen ein Darlehen in Höhe von 5,9 Milliarden Euro, was im Regelwerk der Schuldenbremse als «finanzielle Transaktion» und damit nicht als Neuverschuldung gilt. Zudem plant die Regierung mit einer hohen «Globalen Minderausgabe» von insgesamt zwölf Milliarden Euro. Diese zwölf Milliarden werden zwar formal eingeplant, sollen aber nicht ausgegeben werden, damit der Haushaltskompromiss der Ampel trägt. Daneben soll eine «Wachstumsinitiative» die Konjunktur ankurbeln und so für rund 0,5 Prozent zusätzliches BIP-Wachstum sorgen. Das beruht aber nach Ansicht vieler Ökonom*innen auf unsicheren Prognosen.

Lindner hat seine Karten gut gespielt

Schaut man sich die Gespräche um den Haushalt an, kann man feststellen: Bundesfinanzminister Lindner hat seine Karten gut gespielt. Nachdem er sich lange geweigert hatte, bei der Verbuchung der Zinskosten oder der Konjunkturkomponente dem Rat diverser Expert*innen zu folgen (darunter solcher des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesfinanzministerium und der Bundesbank), hat er sich nun an diesen Stellen bewegt, um dem wachsenden Druck zu entgehen, die Schuldenbremse noch einmal auszusetzen.

Obwohl also die Investitionsbremse weiterhin gilt, wird die Ampel nicht müde zu betonen, man habe es in diesem Jahr mit «Rekordinvestitionen» zu tun. Auf den ersten, oberflächlichen Blick scheint das zu stimmen: So sollen die Investitionen Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr von rund 71 Milliarden auf rund 81 Milliarden Euro steigen. Sie sind aber meilenweit davon entfernt, den vorhandenen Investitionsstau anzugehen. Deutschland ist im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn seit Jahren Schlusslicht, was die öffentlichen Investitionen von Bund, Ländern und Kommunen angeht. Während hierzulande knapp unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) investiert werden, gibt die Mehrzahl der europäischen Länder über vier, etliche auch fünf, einige sogar noch mehr Prozent des BIP dafür aus. Doch damit nicht genug: Der kleine Ausreißer nach oben, der für 2025 vorgesehen ist, ist nur von kurzer Dauer. Denn laut Finanzplanung der Ampel sollen die Investitionsmittel zwischen 2026 und 2028 wieder kontinuierlich sinken (um insgesamt 6,6 Milliarden Euro). Auch die Neuverschuldung soll weiter zurückgehen. Das steht im scharfen Kontrast zu den eigentlich notwendigen 60 Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen, die laut arbeitgeber- und gewerkschaftsnahen Ökonom*innen jedes Jahr angesichts der Transformationserfordernisse notwendig wären.

Multiple Krisen – für den Finanzminister nicht existent

Das Bundesfinanzministerium verkauft diese haushaltspolitischen Weichenstellungen (in einem bisher nicht öffentlichen Papier für den Haushaltsausschuss) als «Fortsetzung der finanzpolitischen Normalisierung» und betont, dass man so die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen sichere, «auch um in außergewöhnlichen Krisen umfassend stabilisieren und entlasten zu können». Die multiplen Krisen unserer Zeit, in denen wir längst drinstecken? Für das Bundesfinanzministerium offenbar nicht existent.

Schaut man auf die Bereiche, in die investiert wird, fällt auf, dass auch hier die FDP einen guten Schnitt gemacht hat. So fließen allein 12,4 der 81 Milliarden an Investitionen in das vor allem von den Liberalen gepushte Projekt «Generationenkapital», also den Aufbau eines kapitalmarktgedeckten Fonds, aus dem in ferner Zukunft die gesetzliche Rentenkasse bezuschusst werden soll. Die Kindergrundsicherung hingegen, sozialpolitisch dringend notwendig und ein Herzensprojekt der Grünen, das rund 440.000 Kinder aus der Armut holen könnte, ist mit diesem Haushalt wohl endgültig versenkt. Die Grünen behaupten zwar weiterhin das Gegenteil, doch für die Umsetzung dieses komplizierten Projekts fehlt bis zur nächsten Bundestagswahl mittlerweile die Zeit. Das hat zum einen mit der Blockadehaltung des Finanzministers zu tun, zum anderen aber auch mit den handwerklichen Schwächen des vorliegenden Konzepts.

Auch an anderen Stellen hat die Ampel in Sachen Entlastungs- oder Sozialpolitik wenig zu bieten, im Gegenteil: Das im Koalitionsvertrag versprochene Klimageld kann mittlerweile auch als versenkt gelten und Arbeitsminister Hubertus Heil kündigte kürzlich in 2025 eine Nullrunde beim gewollt kleingerechneten Bürgergeld an. Begründung: Schließlich sei die Inflationsrate zuletzt stärker gefallen als bisher angenommen. Die angewachsenen Armutszahlen aufgrund der Nachwehen der Coronapandemie, der Energiepreiskrise bzw. allgemeinen Inflation, das alles scheint für die Ampel erledigt zu sein.

Den Sozialkassen werden erneut die Gelder gekürzt

Wenig diskutiert aber ebenso bedenklich ist, dass die Bundesregierung die Zuschüsse an die Sozialversicherungen weiter absenkt. So soll die gesetzliche Rentenkasse in 2025 anders als zugesagt eine Milliarde Euro weniger erhalten. Es wäre die vierte Kürzung in Folge, die sich zwischen 2022 und 2027 auf fast neun Milliarden Euro summieren werden. Die Deutsche Rentenversicherung kritisiert das deutlich, da die Kürzungen die aufgebauten Puffer in der Kasse schmälern und frühere Beitragssatzerhöhungen wahrscheinlicher machen (und nebenbei natürlich marktliberale Rufe nach einem höheren Renteneintrittsalter befeuern). Auch die gesetzliche Pflegekasse soll eine Milliarden Euro weniger erhalten – trotz der wachsenden Bedarfe und den astronomisch hohen Summen, die zu Pflegende oder Angehörige mittlerweile für einen Heimplatz dazu zahlen. Die gesetzliche Krankenkasse bekommt zwar keine Zuschüsse gestrichen – aber eben auch keine weiteren Mittel. Die Finanzlage der Kassen verschlechtert sich aber kontinuierlich, bis Ende des Jahres rechnen sie mit einem Defizit von über vier Milliarden Euro. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat bereits erneut steigende Beiträge – auch zur Pflegekasse – in 2025 angekündigt. Unter dem Diktat der Schuldenbremse und vor allem aufgrund der fortwährend blockierten Besteuerung hoher Vermögen schiebt die Ampel also erneut einen Teil der finanziellen Lasten auf die Versicherten ab.

Verlängerte Wohnungskrise

Auch wenn man auf andere Felder blickt, die für die Mehrheit der Menschen im Land wichtig sind, ergibt sich ein ernüchterndes Bild. Angesichts der sich ständig verschärfenden Wohnungskrise stockt die Ampel zwar den Etat für den sozialen Wohnungsbau auf – er soll nun von 2023 auf 2025 um rund eine Milliarde Euro ansteigen –, doch das Geld reicht nicht. Während die Bundesregierung jedes Jahr 100.000 neue Sozialwohnungen bauen lassen wollte, liegt die durchschnittliche Quote in den letzten Jahren bei rund 23.000 Wohnungen – während weiterhin zahlreiche Wohnungen aus der Sozialbindung fallen. Eine Folge: Die Zahl der registrierten Wohnungslosen in Unterkünften ist seit 2022 fast um das Zweieinhalbfache angestiegen, von rund 178.000 in 2022 auf rund 440.000 zum Stichtag Ende Januar 2024.

Doch auch für Menschen mit mehr Geld, denen die Ampel den Weg zum Eigenheim finanziell erleichtern will, gibt es letztlich wenig. Förderprogramme wie «Jung kauft Alt» oder «Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment» haben eine Fülle an einschränkenden Vorgaben und weiterhin viel zu hohe finanzielle Eigenleistungen, die notwendig sind, so dass vermutlich nur wenige Menschen diese Programme abrufen können. Stattdessen fließt viel Geld über das zuletzt reformierte Wohngeld, das einkommensarmen Haushalten zusteht, und die Kosten der Unterkunft, die die öffentliche Hand trägt, in die Taschen der Vermieter*innen. Für 2023 hatte der Deutsche Mieterbund berechnen lassen, dass diese Form der Subjektförderung, zusammen mittlerweile mit rund 20 Milliarden Euro jährlich sechs Mal mehr Geld verschlingt als die 3,15 Milliarden Euro, die im aktuellen Jahr für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen sind. Jenseits der Etatfragen blockiert das FDP-geführte Bundesjustizministerium zudem die Verlängerung der Mietpreisbremse bzw. arbeitet fleißig an einer Verwässerung der Bremse. In diesem Glauben an den freien Markt und der Absage an regulierende Eingriffe zum Wohle der Vielen trifft sich die FDP vortrefflich im Geiste mit der sozialdemokratischen Bundesbauministerin Klara Geywitz. Darauf angesprochen, ob nicht Städte künftig gegen überhöhte Mieten klagen sollten, da laut einer Studie nur 2,4 Prozent aller Mieter*innen dies mit Hilfe der Mietpreisbremse tun, antwortete Geywitz: «Wir haben keinen ‹Babysitter-Nanny-Staat›, der sich in die Vertragsbeziehungen zweier Privatpersonen einmischt.»

Bildungsmisere wird fortgesetzt

Auch in einem weiteren Bereich, der den Alltag vieler Menschen leidvoll prägt, wird sich mit dem Haushalt 2025 wenig tun. Zwar betont die Ampel ein um das andere Mal, dass Bildungsinvestitionen Priorität hätten, doch davon kann keine Rede sein. Zwar soll der Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) formal um rund 833 Millionen Euro auf 22,3 Milliarden Euro anwachsen. Doch rund 800 Millionen Euro soll das Bildungsministerium eigentlich gar nicht erst ausgeben: Sie sind als sogenannte «Globale Minderausgabe» eingepreist, das heißt als Gelder, bei denen die Ampel schon jetzt darauf setzt, dass sie nicht abfließen, da sonst der ganze Haushaltskompromiss nicht trägt. Wie die GEW auch berichtete, soll Linder zudem rund 1,3 Milliarden Euro, die aus dem Digitalpakt I noch übrig waren und in einem allgemeinen Sondertopf herumlagen, nun kurzerhand dem Etat des BMBF zugeschlagen haben. Statt real mehr Geld, hat man es also vor allem mit verschleiernden Etatverschiebereien zu tun. Und mit dem absurden Hochhalten einzelner Leuchtturmprojekte: So wird Bundesfinanzminister Lindner nicht müde hervorzuheben, dass im nächsten Jahr eine Milliarde Euro in das Startchancenprogramm fließen sollen. Es stellt – Kofinanzierung durch die Länder vorausgesetzt – Schulen in sozial benachteiligten Vierteln temporär zusätzliche Gelder zur Verfügung. Das Programm ist aber allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein, denn es kommt gerade mal rund 4.000 der bundesweit rund 30.000 Schulen zugute und kann bei weitem nicht ausbügeln, was eine vernünftige Kindergrundsicherung für jedes einzelne Kind in Armut aufgefangen hätte. Alles in allem wird also – trotz der zwei Milliarden Euro, die 2025 in die Fortführung des Kita-Qualitätsgesetzes fließen sollen und hier zumindest kurz erwähnt werden sollen – der Posten Bildung als soziale Daseinsvorsorge weiterhin sträflich vernachlässigt. Denn allein auf kommunaler Ebene beträgt der Investitionsstau in Schulen und Kitas mittlerweile rund 67 Milliarden Euro.

Klimainvestitionen – der Ausfall wird schon eingeplant

Auch die Investitionen in die Dekarbonisierung bzw. zur Bekämpfung der Klimakrise werden den gesellschaftlichen Herausforderungen nicht gerecht. Der dafür wichtigste Sondertopf der Regierung, der Klima- und Transformationsfonds (KTF), soll im nächsten Jahr rund 34,5 Milliarden Euro für verschiedene Projekte zur Verfügung haben. Da die Ampel die Finanzierung der milliardenschweren EEG-Umlage aus dem KTF in den Kernhaushalt verschiebt, wird nun die Förderung für Energieeffizienz im Gebäudebereich und den Einbau von Wärmepumpen mit 14,35 Milliarden Euro zum größten Posten im KTF. 

Über den KTF soll zudem die Förderung klimafreundlicher Mobilität (3,4 Milliarden), der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft (rund 2,6 Milliarden) und die Transformation der Industrie (rund 1,5 Milliarden) gefördert werden. Insgesamt mehr als acht Milliarden Euro stehen darüber hinaus für direkte Industriesubventionen zur Verfügung: Rund fünf Milliarden Euro für neue Chipwerke in Ostdeutschland, weitere 3,3 Milliarden Euro für die Entlastung stromintensiver Unternehmen.

Doch die Finanzierung des KTF steht auf wackeligen Füßen. Zum einen, so Kritiker*innen, gehe die Ampel von zu positiven Einnahmen aus dem Emissionshandel und der CO2-Bepreisung aus, aus denen sich der Topf maßgeblich speist. Zum anderen sind allein neun der oben erwähnten zwölf Milliarden Euro an Globaler Minderausgabe, mit der die Ampel rechnet, dem KTF zugeschlagen. Während die Bundesregierung also weiterhin an Milliarden Euro klimaschädlicher Subventionen festhält, sollen die Klimaschutzinvestitionen möglichst nicht alle verausgabt werden. Und schaut man angesichts der fortschreitenden Biodiversitätskrise noch dazu auf die Summen, die das Bundesumweltministerium zur Verfügung hat, ist man mehr als ernüchtert. Allein 1,4 Milliarden Euro des insgesamt 2,6 Milliarden Euro umfassenden Gesamtetats fließen in die Endlagersuche. Dagegen nehmen sich rund 14 Millionen (!) Euro für das Artenhilfsprogramm, rund 48 Millionen für das Bundesprogramm Biologische Vielfalt oder knapp 39 Millionen Euro für die Anpassung an den Klimawandel lächerlich aus.

Bahnsanierung zeigt den vollendeten Murks der Schuldenbremse

Trösten mag da die Aussicht, dass die Bahn für Investitionen 5,9 Milliarden Euro zusätzlich erhalten soll. Doch der Verkehrsetat hinkt den Herausforderungen einer ökologischen Wende weiterhin deutlich hinterher: So sollen Milliarden Euro in neue Autobahn- und Bundestraßenprojekte fließen, die zum Teil vor über zehn Jahren geplant wurden, statt die Gelder ausschließlich in die Sanierung und Instandhaltung der maroden Straßeninfrastruktur zu stecken.

Auch der Etat für den Ausbau des Rad- und Fußwegenetzes ist – nachdem 2022 dafür noch über 754 Millionen Euro zur Verfügung standen – mit rund 252 Millionen Euro bei weitem nicht ausreichend, Verbände und die Verkehrsminister der Länder fordern dafür eine Milliarde Euro. Und die zusätzlichen Milliarden für die Bahn klingen auf dem Papier gut, lösen den Investitionsstau aber längst nicht auf. Während Deutschland 2023 pro Kopf 115 Euro in das Schienennetz investierte, liegen andere europäische Länder weit darüber (etwa Schweden mit 277 Euro/Kopf, Österreich mit 336 Euro, die Schweiz mit 477 Euro oder Luxemburg mit 512 Euro/Kopf). Noch dazu zeigen die erwähnten 5,9 Milliarden Euro, die der Bund der Bahn nun als Darlehen gibt, den ganzen Murks der Schuldenbremse. Um schuldenbremsenneutral als «finanzielle Transaktion» gewertet zu werden, muss die Bahn dem Bund das Darlehen mit einer hohen Eigenkapitalrendite verzinsen. Die Folge: die InfraGO AG, eine gemeinwohlorientierte Tochter der Bahn, die das Darlehen erhält, wird erneut die Trassenpreise deutlich erhöhen müssen, um die nötige Eigenkapitalrendite zu erwirtschaften. Damit steigen absehbar nicht nur die Fahrpreise im Fern- und Regionalverkehr, sondern auch für den Güterverkehr drastisch an – und konterkarieren das Ziel, mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen.

Mehr Geld für innere und äußere Sicherheit

Alles in allem ist der Bundeshaushalt 2025 mehr denn je auf Kante genäht und blockiert an vielen Stellen Investitionen in eine auskömmliche Daseinsvorsorge beziehungsweise ein besseres Leben der Vielen. Das gilt übrigens nicht nur für die hiesigen Verhältnisse, sondern auch für den globalen Süden. So werden die Mittel des Auswärtigen Amtes und des BMZ, die in die humanitäre Hilfe und Projekte der Entwicklungszusammenarbeit fließen, deutlich und nicht zum ersten Mal in Ampelzeiten gekürzt. Das noch im Koalitionsvertrag angekündigte Ziel, dass diese Mittel eins-zu-eins wie die Verteidigungsausgaben steigen sollten, ist seit Beginn des Krieges Russlands gegen die Ukraine längst Makulatur. Vielmehr setzt die Regierung angesichts zunehmender geopolitischer Rivalitäten, Krisen und Kriege und innenpolitisch wachsender Spaltungen lieber auf den Ausbau der militärischen und inneren Sicherheit. So sind im Etat 2025 eine Milliarde Euro mehr vor allem für das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei vorgesehen und Verteidigungsminister Boris Pistorius darf sich über ein Plus von rund 1,25 Milliarden Euro für Rüstungsausgaben freuen – zusätzlich zu den Mitteln aus dem Sondervermögen.

Von wackeligen Wachstumshoffnungen und dem Treten nach unten

Die Ampel setzt derweil viel Hoffnung in ihre sogenannte Wachstumsinitiative, die etliche Maßnahmen umfasst, darunter die Verlängerung steuerlicher Abschreibungsregeln für Unternehmen oder den erneuten Abbau der kalten Progression, der erfahrungsgemäß überproportional vor allem den Bestverdiener*innen im Einkommensteuertarif zugutekommt und dafür schmerzlich die Steuereinnahmen der eh schon klammen Kommunen schmälert. Zudem setzt die Regierung auf verschiedene Anreize, damit Menschen länger arbeiten. So sollen unter anderem Überstunden über Vollzeit hinaus steuerlich begünstigt und stärkere finanzielle Anreize gesetzt werden, um über das Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten.

Bei denjenigen, die schon arbeitslos sind, soll es aber vor allem die Peitsche richten: So werden im Bürgergeld noch einmal die Sanktionen und die Zumutbarkeitsregeln für eine Arbeitsaufnahme verschärft. Demnach gelten künftig drei Stunden Fahrzeit als zumutbar, wenn man sechs Stunden täglich arbeitet. Insgesamt will die Ampel im Bürgergeld die utopisch hohe Summe von 5,5 Milliarden Euro einsparen, vor allem bei den Geldleistungen aber auch beim Budget, das für die Vermittlung in Arbeit vorgesehen ist. So fehlen den Jobcentern für diese Aufgabe nach vorläufigen Schätzungen rund 1,25 Milliarden Euro. Nimmt man hinzu, dass auch die Mittel für Integrationskurse Geflüchteter um die Hälfte gekürzt werden (auf insgesamt eine halbe Milliarde Euro) dann wird klar, dass die Ampelpolitik zur Bekämpfung des Fachkräftemangels gelinde gesagt von etlichen Widersprüchen durchzogen ist.

Massive Haushaltslücken ab spätestens 2028

Ob und wie sehr also all diese Etatberechnungen und Zukunftsprojektionen realistisch sind, darf bezweifelt werden. Angesichts der fortwährend schlechten Wirtschaftsaussichten und den Wirkungen einer Schuldenbremse, die die lahmende Konjunktur noch verstärkt, entspricht die Etataufstellung der Bundesregierung mehr Wunsch als Wirklichkeit. Das kombiniert sich mit einer «Nach-uns-die-Sintflut»-Haltung: So verbraucht die Ampel mit dem Etat 2025 fast sämtliche Rücklagen (die 2023 immerhin noch bei rund 37 Milliarden Euro lagen) und hat keine Antwort, wie sie mit den massiven Lücken umgehen wird, die sich im Haushalt spätestens ab 2028 auftun. Dann ist das Sondervermögen der Bundeswehr aufgebraucht und Bundeskanzler Olaf Scholz hat bereits angekündigt, dass das Zwei-Prozent-Ziel der Nato dann aus dem Kernhaushalt gestemmt werden soll. Der Verteidigungsetat, der derzeit bei rund 53 Milliarden Euro liegt, würde dann auf einen Schlag um rund 40 Milliarden Euro anwachsen.

Unter dem Diktat der Schuldenbremse und weil man die Reichen und Superreichen in diesem Land steuerpolitisch weiterhin verschonen will, wird sich zeigen, ob nicht spätestens dann mit der nächsten, vermutlich unionsgeführten Bundesregierung die Schuldenbremse reformiert wird. Aktuell aber werden wir im Kontext der Haushaltspolitik und des allgegenwärtigen Investitionsstaus weiterhin massive Angriffe auf die Verwundbarsten dieser Gesellschaft erleben, die kaum oder gar keine Lobby haben. Insofern kann man zynisch festhalten, dass die Ampel aus ihrem «Agrardiesel-Gate» und den machtvollen Protesten der gut in den Politikbetrieb verdrahteten Agrarlobby im Zuge der Haushaltskürzungen 2024 gelernt hat: Man tritt nun wirklich nur noch nach unten. An erster Stelle übrigens der Bundesfinanzminister, der keine Gelegenheit auslässt, um gegen Bürgergeldbezieher*innen und vor allem Geflüchtete zu hetzen und damit das Spiel der extremen Rechten zu betreiben.

Mit dem mühsam errungenen Haushaltskompromiss dürfte also vor allem Lindner zufrieden sein. Für diejenigen aber, die angesichts maroder Infrastrukturen, des Personalmangels in der sozialen Daseinsvorsorge, der Wohnungsnot, Klimakrise oder der Krise im eigenen Portemonnaie auf mehr gehofft hatten, sind die Pläne der Ampel bitter.