Immobilienmilliardäre und ihre Bedeutung für den Wohnungsmarkt

Eine beispielhafte Analyse von Christoph Trautvetter

Immobilienmilliardäre und ihre Bedeutung für den Wohnungsmarkt
Die «großen Privateigentümer» in Deutschland besitzen geschätzt fünf Millionen Wohnungen und damit mehr als dreimal so viele wie die börsennotierten Wohnungsunternehmen und die finanzmarktorientierten Immobilieninvestoren. Vier private Großvermieter im Profil

In den Jahren nach der Jahrhundertwende kaufte die globale Finanzindustrie etwa 1,2 Millionen ehemals gemeinnützige und staatliche Wohnungen in Deutschland auf. Gut 900.000 dieser Wohnungen landeten ab 2013 in börsennotierten Wohnungsunternehmen wie die Deutsche Annington, GAGFAH, Deutsche Wohnen, LEG und Co. In den Jahren nach 2013 ermöglichten niedrige Zinsen eine schnelle Konzentration innerhalb des Segments. Das Hauptprodukt dieses Prozesses, die Vonovia SE, schluckte einen «Konkurrenten» nach dem anderen und kontrolliert heute allein 485.000 Wohnungen in Deutschland.

Quelle: Eigene Darstellung, basierend auf Gebäude- und Wohnungszählung 2011 und Fortschreibung mit weiteren Quellen aus: Wem gehört die Stadt? Teil 2 (S. 12)

Überträgt man diese Aufteilung auf ganz Deutschland besitzen die «großen Privateigentümer von rund 23 Millionen Mietwohnungen grob geschätzt 5 Millionen und damit mehr als dreimal so viele wie die börsennotierten Wohnungsunternehmen und die finanzmarktorientierten Immobilieninvestoren und ungefähr genauso viele Wohnungen wie die staatlichen, genossenschaftlichen und gemeinnützigen Vermieter zusammen. Damit sind sie die zweitgrößte Eigentümergruppe nach den «kleinen Privateigentümern».

Quelle: Eigene Schätzung basierend auf der Gebäude- und Wohnungszählung 2011

Diese Gruppe steht deswegen im Fokus dieses Beitrags. Dabei gilt: Wer mehrere hundert Mietwohnungen sein Eigen nennt ist nicht mehr bloß Millionär und obere Mittelschicht, sondern findet sich im exklusiven Kreis der Multimillionäre und Superreichen.

Was wir bisher über die Gruppe wissen

In öffentlichen Statistiken und auch in dem hunderte Seiten langen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung kommt die Gruppe der Multimillionäre und Superreichen so gut wie gar nicht vor. Die zentrale Informationsquelle sind journalistische Reichenlisten. Die ausführlichste dieser Listen für Deutschland – mit bis zu tausend Einträgen - erstellt jedes Jahr das Manager Magazin. Um 2019 zu dieser Gruppe der reichsten Eintausend zu gehören, war dieser Liste zufolge ein Vermögen von einhundert Millionen Euro nötig. Bei einem Wert von je nach Lage 100.000 bis 300.000 Euro pro Wohnung (und ohne Schulden) wären das etwa 300 bis 1.000 Wohnungen. Neben den Menschen, die vor allem wegen ihres Immobilienbesitzes in der Liste erscheinen, dürften sich in der Liste außerdem sehr viele Menschen finden, die neben ihrem Unternehmensvermögen noch Wohnungen und Gewerbeimmobilien besitzen.

Weil – anders als bei Unternehmen – die Eigentümer von Immobilien aber nicht ohne weiteres öffentlich einsehbar sind, ist davon auszugehen, dass einige große Immobilieneigentümer bisher in der Reichenliste fehlen. Außerdem zeigt eine genauer Blick, dass das Manager Magazin die Mietwohnungen der Superreichen sehr konservativ bewertet und in vielen Fällen die enormen Wertsteigerungen der letzten Jahre komplett ignoriert (mehr dazu später). Unter der Überschrift „Deutschlands heimliche Immobilienkönige“ versucht das Manager Magazin 2023 diese Lücken etwas zu schließen und „entdeckt“ sogar einen weiteren Immobilienmilliardär – die Familie Semmelhaack mit 27.000 Wohneinheiten und einem geschätzten Vermögen von 1,1 Milliarden Euro.

Familie

Wohnungszahl

Hauptsächliche Standorte

In der Reichenliste?

Semmelhaack

27.000

Hamburg, Schleswig-Holstein

nein

Sahle

22.000

Zentren in NRW, z.B. Köln, Essen, Düsseldorf, Duisburg, Bonn und Münster

ja

Doblinger

20.000

München, Augsburg und Nürnberg

ja

Conle

7.000

Ruhrgebiet, München, Nürnberg und Rostock

ja

Heckendorf

7.000

Ruhrgebiet

nein

Ottmann

5.700

München, Ingolstadt

nein

Schauenburg

4.600

Hamburg, Schleswig-Holstein, Frankfurt

nein

Sedlmayr

3.800

München

ja

Henckel von Donnersmarck

3.000

Berlin

nein

Maier

2.600

München und Umland, Landshut

?

Gesamt

102.700

 

 

Quelle: Steinharter, 2023

Wie problematisch das fehlende Wissen über die Gruppe der großen Privatvermieter ist, zeigt sich beispielhaft am Erbschaftsteuergesetz: Dort sorgt eine Ausnahme dafür, dass Eigentümer von mehr als dreihundert Wohnungen, diese steuerfrei an ihre Nachfahren übertragen können. Begründet wird diese Ausnahme damit, dass dadurch angeblich Verwerfungen am Immobilienmarkt vermeiden werden. Wegen der fehlenden Transparenz lässt sich das aber nicht überprüfen. Neben der Frage nach der zahlenmäßigen Bedeutung für den Wohnungsmarkt stellt sich dabei auch die Frage nach den Geschäftspraktiken. Halten private Großvermieter ihren Wohnungsbestand langfristiger als finanzmarktorientierte Unternehmen? Investieren sie ihre Gewinne in Neubau und in mieterfreundliche Modernisierung? Stabilisieren sie die Mieten oder treiben sie sie eher in die Höhe?

Welche Informationsquellen zur Verfügung stehen

Immobilieneigentümer finden

Alle Eigentümer deutscher Immobilien sind in den lokalen und größtenteils noch nicht vollständig digitalisierten Grundbüchern verzeichnet. Mit Informationen aus den Grundbüchern führen die Liegenschaftskataster der Länder zusätzlich seit vielen Jahren ein digitales Hilfsregister. Auf öffentlichen Druck hat die Berliner Senatsverwaltung die Eigentümerdaten aus diesem Hilfsregister 2021 ausgewertet. Neue Erkenntnisse zu den privaten Großvermietern enthalten die Daten nicht, weil nicht nach Umfang des Immobilienbesitzes, sondern nur nach Rechtsform des Eigentümers unterschieden wurde. Grob gesprochen wissen wir jetzt also wie viele Grundstücke in jedem Berliner Bezirk einer GmbH oder eine GmbH & Co KG gehören, wir wissen aber nicht wie viele Grundstücke der einzelnen GmbH in Berlin oder deutschlandweit gehören und auch der Berliner Senat weiß bis heute nicht, ob die Eigentümer dieser GmbH noch weitere GmbHs besitzen, die ebenfalls Grundstücke in Berlin besitzen.

Das liegt daran, dass im Grundbuch nur die direkten „rechtlichen“ Eigentümer verzeichnet sind und die Eigentümer der GmbH in einem anderen – ebenfalls öffentlich verwalteten Register – nämlich dem Handelsregister oder dem Transparenzregister erfasst werden. Erst der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die weitgehend erfolglose Suche nach dem deutschen Immobilienvermögen der russischen Oligarchen gab 2022 (im sogenannten Sanktionsdurchsetzungsgesetz 2) den Anstoß, die Hilfsregister aus den sechszehn Bundesländern an einer Stelle – nämlich beim Bundesanzeiger Verlag – zusammenzusammeln und mit den Informationen zu den Unternehmenseigentümern – in diesem Fall aus dem Transparenzregister – zu verknüpfen. Dieser Prozess soll wahrscheinlich 2025 abgeschlossen sein. Bisher ist aber nicht geplant, der Öffentlichkeit oder zumindest der Wissenschaft oder dem Berliner Senat Zugriff auf diese Daten zu gewähren. Der bleibt der Polizei vorbehalten.

Es ist und bleibt also in absehbarer Zeit schwierig, zuverlässige Informationen über die Eigentümer deutscher Immobilien zu sammeln – mit zwei wesentlichen Ausnahmen. Zum einen hat das Projekt „Wem gehört die Stadt“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung es sich zur Aufgabe gemacht, viele tausend Einzelinformationen zu den Namen von professionellen Vermietern – Privatpersonen bleiben außen vor - von Mieterinnen und Mietern, aus der Zeitung und aus anderen Quellen zusammen zu tragen und mit Informationen aus den Geschäftsberichten der jeweiligen Unternehmen zu verknüpfen. Dort finden sich je nach Unternehmensgröße und Unternehmen neben Informationen zum Umfang des Wohnungsbestandes auch viele weitere Informationen zu den Geschäftspraktiken. Zum anderen ist es einer Journalistin gelungen über Informationsfreiheitsanfragen Zugriff auf die Eigentümerdaten aus mehreren Bundesländern zu bekommen und diese systematisch auszuwerten. Berlin, Hamburg, Bayern und eine ganze Reihe weiterer Bundesländer weigern sich bisher die Daten zugänglich zu machen oder verlangen, wie Hessen und Baden-Württemberg – horrende Kosten. In allen Fällen erlauben die öffentlich zugänglichen Daten bisher keinen Rückschluss auf die einzelnen Eigentümer. Die folgende Analyse basiert also auf den Geschäftsberichten von bisher im Projekt „Wem gehört die Stadt“ identifizierten Vermietern.

Immobilieneigentum bewerten

Was in den Geschäftsberichten deutscher Immobilienunternehmen offengelegt werden muss, regelt das Handelsgesetzbuch. Seit 2012 müssen (fast) alle Unternehmen einen Geschäftsbericht veröffentlichen. Mit zunehmender Unternehmensgröße muss auch mehr Information enthalten sein. Aber unabhängig von der Größe gilt das Vorsichtsprinzip. Immobilien werden zu ihrem Anschaffungspreis erfasst und jedes Jahr wird ein theoretischer Verlust für die „Abnutzung“ abgezogen (die sogenannte Abschreibung) – daraus ergibt sich der sogenannte Buchwert. Im Gegensatz dazu schreiben es die internationalen Rechnungslegungsprinzipien den Unternehmen vor, sogenannte Verkehrs- oder Marktwerte zu verwenden. Großen deutschen Unternehmen ist es freigestellt das zu tun und einige wenige große Privatvermieter tun das tatsächlich.

Um den aktuellen Verkehrs- bzw. Marktwert zu ermitteln, lassen sich Konzerne wie Vonovia ihren Immobilienbestand regelmäßig von externen Experten nach dem sogenannten Discounted-Cash-Flow Verfahren bewerten. Grob vereinfacht wird damit geschätzt wie hoch die zukünftigen Zuflüsse aus Vermietung und Verkauf nach Abzug der Kosten sein werden und wie viel die angesichts der Kapitalkosten aus heutiger Sicht wert sind. Grundlage dafür sind detaillierte Daten u.a. zu Lage, Alter, Bauzustand und Vermietung der einzelnen Immobilien. Zusätzlich muss eine ganze Reihe von Annahmen über die zukünftige Entwicklung u.a. der Mieten, Zinsen und Inflation getroffen werden. Die Ergebnisse veröffentlicht Vonovia regelmäßig nach Regionen aufgeschlüsselt.

Diese Werte nutzen wir als Referenz für unsere Bewertung. Auch wenn es mit den öffentlich verfügbaren Daten nicht möglich ist, die einzelnen Portfolios mit denen von Vonovia zu vergleichen, ergibt sich so zumindest ein Näherungswert. Bei Investoren, die stärker in Neubau investieren als Vonovia oder größere Altbaubestände in Innenstadtlage besitzen, dürfte der Wert eher noch darüber liegen. Um das Nettovermögen der Eigentümer zu ermitteln ziehen wir vom Wert der Immobilien schließlich noch die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten ab. Alternativ vergleichen wir die erwirtschafteten Gewinne mit denen verschiedener börsennotierter Wohnungsunternehmen und ermitteln aus dem Verhältnis der Gewinne zu den Börsenkursen den Unternehmenswert (sogenanntes Multiplikatorverfahren).Die Ergebnisse liegen in allen drei untersuchten Fällen deutlich über denen aus dem Manager Magazin.

Immobilien-gesellschaft

Wohn-

einheiten

Region

Preis pro m² (in €)

Wert abzgl. Verbindlichkeiten (in Mio. €)

Multiplikator-verfahren (in Mio. €)

Manager Magazin (in Mio. €)

Doblinger

19.366

München, Augsburg, Nürnberg, Bayreuth

4.309

3.312

1.441

bis 2.470

700

Sahle

20.823

hauptsächlich NRW

2.029

1.955

690 bis 1.183

450

Heimbau Bayern

6.015

nahezu ausschließlich München

4.309

1.556

386 bis 662

nicht gelistet

Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Geschäftsberichten für 2022 bzw. 2021

Was sich über die Geschäftspraktiken sagen lässt

Neben den Informationen zum Immobilienvermögen enthalten die öffentlich verfügbaren Geschäftsberichte eine Reihe weiterer Informationen aus denen sich zumindest grobe Rückschlüsse über die Geschäftspraktiken ziehen lassen – auch wenn die aggregierten Zahlen nur begrenzt aussagekräftig und vergleichbar sind. So finden sich dort teilweise Angaben zur durchschnittlichen Miethöhe, zu Investitionen in Neubau und Modernisierung und viele weitere Informationen. Öfter geäußerte Vorwürfe wie eine Vernachlässigung von Immobilien (z.B. .«Schimmelwohnungen») oder negative Erfahrungen von Mieterinnen und Mietern (z.B. überhöhte Betriebskostenabrechnungen, schlechte Erreichbarkeit, Verdrängung) lassen sich aus den Geschäftszahlen aber nicht ablesen und auch sonst nicht systematisch vergleichen.

Für unsere Analyse vergleichen wir neben dem Immobilienvermögen drei Faktoren. Vergleichbare Informationen zu den Geschäftspraktiken der großen Wohnungsunternehmen in Berlin finden sich (hier) und für beispielhafte Unternehmen aus allen Eigentümergruppen (hier).

1. Rendite mit der Miete

«Keine Rendite mit der Miete» ist eine zentrale Forderung derer, die Wohnen als menschliches Grundbedürfnis sehen und sich einen öffentlichen oder gemeinnützigen Wohnungssektor wünschen. Der alleinige Fokus auf Renditen ist der zentrale Vorwurf gegen «finanzialisierte» Wohnungsunternehmen (vgl. z.B. Finanzwende, 2023). Ganz ohne Rendite geht es aber auch im gemeinnützigen Wohnungsbau nicht: um den Immobilienbestand trotz Inflation zu erhalten und zu gestiegenen Kosten zu ersetzen, sind kleine Überschüsse nötig. Jenseits des gemeinnützigen Sektors ist zumindest eine dem Risiko angemessen Verzinsung des Kapitals nötig.

Für die Analyse ermitteln wir einen Renditefaktor aus dem Verhältnis zwischen den durchschnittlichen Gewinnen der letzten Jahre und dem eingesetzten Eigenkapital. Die dafür nötigen Informationen finden sich in den meisten Fällen in den jeweiligen Geschäftsberichten. In begrenztem Umfang sind aber Werturteile über die Interpretation der Zahlen und möglicher Sondereffekte nötig. Deswegen ist die entsprechend ermittelte Rendite nur eine grobe Annäherung und immer nur eine Bestandsaufnahme für den gewählten Zeitraum. Zusätzlich zur Rendite analysieren wir, wo verfügbar, Informationen über Miethöhe und Mietentwicklung. Weil die jeweiligen Immobilienbestände nur sehr begrenzt vergleichbar sind, verzichten wir aber auf einen expliziten Vergleich der entsprechenden Zahlen.

2. Spekulation oder Investition

«Kapital ist ein scheues Reh und muss durch gute Konditionen angelockt werden um den hohen Investitionsbedarf im Immobiliensektor zu decken.» So lässt sich die Argumentation der Befürworter möglichst laxer Regulierung und hoher Gewinnmöglichkeiten – genauso wie der Steuerprivilegien für Immobilieninvestoren im Wachstumschancengesetz – grob zusammenfassen. Dabei zeigen wissenschaftliche Analysen, dass die günstigen Bedingungen für Wohnungsinvestitionen jedes Jahr dazu führen, dass zu viel Kapital in unproduktive Spekulation – also den An- und Verkauf von Bestandsimmobilien – und viel zu wenig in Investitionen (vgl. z.B. Eichfelder, 2022). Darüber hinaus zeigen Analysen, dass ein Teil der Investitionen in fragwürdige Modernisierungsmaßnahmen fließt, die vor allem der Mieterhöhung dienen und dass von privaten Investoren teilweise am Bedarf vorbei vor allem teure Eigentumswohnungen gebaut werden.

Unternehmen

Modernisierung (EUR/m2)*/**

Instandhaltung (EUR/m2)**

Neubau (in % der Mieteinnahmen)

Gewobag

12

17

38

Deutsche Wohnen SE

30,91

10,14

4

Vonovia SE

32

15,7

5

ADO Properties SA

31,7

7,5

0

Convivio SE

17

7,7

Nicht erhoben***

Akelius

105

9

0

TAG Immobilien AG

11,93

6,84

0

Grand City Properties SA

17,80

6,4

0

BGP Investment SARL

k.A.

9,35

Nicht verfügbar

Pears Global Real Estate

k.A.

k.A.

Nicht verfügbar

Hilfswerk-Siedlung GmbH (HWS)

k.A.

k.A.

11

IMW Immobilien SE

24,57

7,2

Ab 2019

DVI

k.A.

k.A.

Nicht verfügbar

* Unterschiedliche Stichtage – Jahresabschluss 2018: Vonovia, Akelius, TAG, Grand City Properties, ADO, Deutsche Wohnen, Convivio; 2017: Gewobag; Durchschnitt 2010 bis 2017: IMW
** Unterschiedliche Bezüge – nur Berlin: TAG, ADO, Convivio, IMW; Gesamtportfolio (inklusive andere Städte und Länder): Akelius, BGP, Deutsche Wohnen, Wonovia, Grand City
*** Wegen umfangreichem Anteil von Gewerbe und Umsätzen außerhalb Berlins
Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Daten aus den Jahresabschlüssen 2018 bzw. 2017 (aus: Profitmaximierer oder verantwortungsvolle Vermieter? S. 10)

Für unsere Beispiele analysieren wir Gewinnausschüttungen, Ausgaben für Instandhaltung und Modernisierung sowie Neubau. Weil die zur Beurteilung nötigen Informationen meisten nicht vollständig vorliegen und auch nur begrenzt vergleichbar sind, ist die Bewertung letztlich auf Schätzungen und Werturteile angewiesen. Um den illustrativen Charakter dieser Bewertung zu verdeutlichen vergeben wir bis zu 5 Punkte nach folgendem Schema:

Bedingung

Punktzahl

Verzicht auf hohe Gewinnausschüttungen

1

Verzicht auf spekulativen Immobilienhandel

1

Investition in Neubau, vor allem sozialen Wohnungsbau

1

Fokus auf klima- und/oder altersgerechten Umbau

1

Keine systematische Vernachlässigung der Wohnungsbestände

1

Maximal mögliche Punktzahl:

5

Wo die entsprechenden Informationen nicht vorliegen, vergleichen wir vereinfachend die Entwicklung des Immobilienvermögens (also einschließlich der Ausgaben für Modernisierung und Neubau und abzüglich der Einnahmen aus dem Verkauf und der Abschreibungen) im Vergleich zu den jährlichen Gewinnen. Wächst das Immobilienvermögen trotz regelmäßiger und hoher Gewinne nicht, ist das für uns ein Zeichen, dass die Gewinne an die Eigentümer ausgeschüttet werden. Dass sie an anderer Stelle wieder in den Wohnungsmarkt zurückfließen, lässt sich meistens nicht ausschließen.

3. Intransparenz oder guter Ruf

«Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.» So steht es in Artikel 14 des deutschen Grundgesetzes. Um diesem Anspruch Geltung zu verschaffen, ist es notwendig, dass der Allgemeinheit die Eigentümer großer Immobilienbestände bekannt sind und dass diese ihrer Rechenschaftspflicht nachkommen. Normalerweise müssen sie – wie alle anderen wirtschaftlichen Akteure - dafür Informationen über ihre Unternehmensbeteiligungen und die Geschäftszahlen ihrer Unternehmen offenlegen. Eine ganze Reihe von Ausnahmen und Tricks ermöglichen es trotzdem weiterhin anonym zu bleiben. Aber nur wenige nutzen sie auch. Wie viel über sie in der Öffentlichkeit bekannt ist, entscheidet sich zuletzt auch daran, wie viel Aufwand sie betreiben um nicht gesehen zu werden.

Ganz ähnlich ist die Situation bei den Steuern: Die wenigen Menschen, die das Glück haben, von ihren Vorfahren vermietete Immobilien zu erben und daraus jedes Jahr – meistens ohne ihr eigenes Zutun – Einnahmen erwirtschaften, sollen davon wenigstens einen Teil an die Gesellschaft zurückgeben. Auf Erbschaften und Schenkungen werden je nach Höhe und Verwandtschaftsgrad bis zu 50 Prozent Steuern fällig, auf Einkommen bis zu 45 Prozent. Auch hier gibt es eine ganze Reihe mehr oder weniger legale Tricks um die Steuerzahlung zu reduzieren, mit dem Ergebnis, dass große, leistungslose Einkommen gerade aus Wohnimmobilien geringer besteuert werden als normale Arbeitseinkommen.

Bedingung

Punktzahl

Öffentlich zugängliche Informationen zu den finalen Eigentümern

1

Öffentlich zugängliche Informationen zum Immobilienbestand

1

Öffentlich zugängliche Informationen zu Mieten, Gewinnen und zur Gewinnverwendung

1

Steuerquote entspricht etwa der Steuer- und Abgabenquote für ein durchschnittliches Einkommen (ca. 45 Prozent laut OECD, 2022). Verzicht auf steuerbegünstigtes Ansparen und die Kürzung der Gewerbesteuer

1

Verzicht auf andere Steuertricks (Grunderwerbsteuer, Erbschaftsteuer, etc)

1

Maximal mögliche Punktzahl:

5

Vor allem bei der Bewertung der Informationen zu Immobilienbestand und Gewinnverwendung ist letztlich ein Werturteil nötig, wann die verfügbaren Informationen als ausreichend angesehen werden. Wir richten uns hier nach den besten der untersuchten Gruppe, also denjenigen mit den detailliertesten Informationen.

Kontakt

Rolle Persondetails
Bildungskoordinatorin Wohnungs- und Stadtpolitik Anastasia Blinzov
E-Mail: Anastasia.Blinzov@rosalux.org
Telefon: +49 30 44310 148