Nachricht | Stadt / Kommune / Region - Nicht global anzeigen Birger Dehne: Maximale Intransparenz

Private Großvermieter im Profil

Information

Die Familie Semmelhaack konkurriert mit Birger Dehne um den Titel der maximalen Intransparenz. Während die Familie Semmelhaack nach eigener Auskunft etwa 27.000 Wohnungen besitzt und damit in der Auswertung des Manager Magazins zu den heimlichen Immobilienkönigen aus dem Jahr 2023 an der Spitze liegt, kommt Birger Dehne laut einem auf der Unternehmenswebsite veröffentlichten Interview mit der Immobilien-Zeitung aus dem Jahr 2023 sogar auf 40.000 Wohnungen und kauft laut eigener Website jährlich 3.000 bis 6.000 Wohnungen zu. Belege für die großen Bestände sind in beiden Fällen Mangelware.

Private Großvermieter im Profil

Weil strukturelle Daten fehlen und ein systematischer Vergleich von Geschäftspraktiken deswegen nicht möglich ist, nutzen wir prägende Beispiele um die Eigentümergruppe der privaten Großvermieter und ihre Bedeutung für den Wohnungsmarkt und ihre Mieterinnen und Mieter zu illustrieren. Dafür haben wir beispielhaft vier private Großvermieter ausgewählt, mit dem Ziel, möglichst typische und prägende Vermieter für diese Gruppe zu porträtieren.

Birger Dehne wird auf seiner eigenen Website als eine der «beeindruckendsten deutschen Unternehmerpersönlichkeiten in der Immobilienwelt unserer Zeit» angepriesen. Auf der Website findet sich auch eine umfangreiche Sammlung von meistens positiver Berichterstattung über ihn. Handfeste Informationen über sein Immobilienvermögen und dessen Entwicklung bleiben aber hinter anonymen Gesellschaften aus Liechtenstein versteckt. Und während in seinen Immobilien in weniger privilegierter Lage einige seiner Mieter*innen mit Schimmel kämpfen, genießt er in Monaco auf seiner Yacht die Sonne des Mittelmeers – und sein kaum besteuertes Einkommen.

Als «Selfmade-Unternehmer» in 25 Jahren zum Immobilienmogul, so beschreibt die eigene Website die Erfolgsgeschichte. Sie begann demnach mit einen noch in Studienzeiten gegründeten Unternehmen, das Eventlocations vermietete und Birger Dehne der Website zufolge in kurzer Zeit half das Kapital für den Ankauf von sanierungsbedürftigen Wohnanlagen aufzutreiben, wo «andere Eigentümer, oft kommunale Wohnungsgesellschaften, institutionelle Investoren oder börsennotierte Wohnungsriesen, mangels Knowhow und Ressourcen aufgegeben haben und dadurch große Leerstände entstanden sind».

Das Immobilienvermögen

Ein wesentlicher Baustein des Immobilienvermögens von Birger Dehne war die 2010 gegründete DEGAG Deutsche Grundbesitz Aktiengesellschaft. Sie kaufte in den Folgejahren vor allem sanierungsbedürftige Wohnanlagen in weniger privilegierten Lagen u.a. in Nordrhein-Westfalen und verbuchte darauf jedes Jahr hohe Wertsteigerung. Im letzten öffentlich verfügbaren Abschluss für das Jahr 2019 summierte sich das so aufgewertete Vermögen auf etwa 500 Millionen Euro, die langfristigen Schulden summierten sich auf 400 Millionen Euro. 2021 verkaufte die DEGAG Presseberichten zufolge einen großen Teil des Portfolios per Share Deal an den kanadischen Vermögensverwalter Brookfield. Laut luxemburgischen Geschäftsbericht zahlte Brookfield 271 Millionen Euro für 89,9 Prozent der Anteile an den übernommenen Gesellschaften (s. Jahresabschluss der EP Silver BidCo S.a.r.l für das Jahr 2021, verfügbar unter www.lbr.lu) Ein weiterer Teil des Portfolios ging an eine neugegründete DEGAG in Liechtenstein, deren Eigentümer nicht bekannt sind. Presseberichten zufolge kaufte das Family Office von Birger Dehne aus Liechtenstein 2023 über eine luxemburgische Tochtergesellschaft 1.300 Wohnungen in Nordrhein-Westfalen. Wie viele Wohnungen das Immobilienvermögen von Birger Dehne aktuell umfasst und wie hoch deren Wert nach Abzug von Schulden tatsächlich ist, lässt sich in öffentlich verfügbaren Quellen nicht nachvollziehen.

Rendite mit der Miete

Im letzten öffentlich verfügbaren Geschäftsbericht der DEGAG von Birger Dehne aus dem Jahr 2019 wird das Unternehmen als «klassischer Wohnungsbestandshalter» beschrieben. Sowohl vor dem Verkauf 2019 als auch beim neuen Eigentümer Brookfield überstiegen laut der Geschäftsberichte die Kosten für die Vermietung aber die Mieteinnahmen. Anstatt einer Rendite erwirtschaften die Immobilien also einen Verlust und nur wegen der jedes Jahr verbuchten Wertsteigerungen konnte in den letzten Jahren ein Gewinn vermeldet werden. Damit unterscheidet sich das Unternehmen grundlegend von den anderen drei analysierten Beispielen und klassischen mittelständischen Wohnungsbestandhaltern, die meistens laufende Mietüberschüsse generieren und auf eine Verbuchung von Wertsteigerungen verzichten. Welchen Einfluss sanierungsbedingter Leerstand und hohe einmalige Kosten für die Instandsetzung auf das Ergebnis haben, lässt sich mit den wenigen öffentlich verfügbaren Informationen nicht beurteilen. Auch wie sich die Einnahmen und der Immobilienwert langfristig entwickeln werden, lässt sich aktuell noch nicht absehen und wegen der vielen Veränderungen im Unternehmen nur schwer nachvollziehen. Statt als langfristiger Bestandshalter handelt Birger Dehne aber bisher eher wie ein Spekulant, der vor allem auf den möglichst teuren Weiterverkauf setzt.

Investition oder Spekulation

Sanierungsbedürftige und leerstehende Immobilien billig einkaufen, sanieren und neu vermieten ist nach eigener Darstellung die zentrale Geschäftsstrategie von Birger Dehne. Die Entwicklungen der DEGAG in den letzten Jahren zeigen, dass die Spekulation auf Wertsteigerung und den teuren Weiterverkauf ein weiteres zentrales Element der Strategie sind. Ob es Birger Dehner wie auf seiner Website dargestellt, gelingt «Wohnanlagen und ganze Stadtteile zu revitalisieren» in dem er sie in «perfektionierter und standardisierter Art und Weise – quasi ‹fließbandartig› – saniert» lässt sich schwer überprüfen. Im Dezember 2023 porträtierte der SWR im Report Mainz mehrere ehemalige und aktuelle Immobilien Birger Dehnes in denen die Sanierung nicht ganz so perfektioniert zu verlaufen scheint. Ob das eher Ausnahmen oder erklärbare Sonderfälle oder Beispiele für ein System sind, das den privaten Profit über den auf der eigenen Website bemühten «Dienst an der Allgemeinheit» stellt, muss die Zeit noch zeigen. Der Umzug nach Monaco und die große aus den Immobilienaktivitäten finanziert Yacht geben zumindest eine symbolische Antwort.

Rechenschaftspflicht, Transparenz und Steuern

Im starken Kontrast zu den anderen drei Beispielen des Quartetts setzt Birger Dehne auf eine sehr aktive Öffentlichkeitsarbeit, macht aber umgekehrt nur sehr wenig belastbare Information über sein Eigentum und seine Geschäftsaktivitäten zugänglich. Die Anteile von Birger Dehne – und möglicherweise anderen Anteilseignern – bleiben hinter etwa einem Dutzend anonymen liechtensteinischen Gesellschaften verborgen. In Unternehmensberichten und auf der Website genannte Gesellschaften sind in offiziellen Registern teilweise nicht zu finden, weil sich Namen und Firmierung geändert haben und Geschäftsberichte sind teilweise nicht auffindbar oder lückenhaft. Für den spekulativen Immobilienhandel nutzt Birger Dehne in großem Umfang sogenannte Share Deals um Grunderwerbsteuer zu sparen, und in Monaco bleiben seine Einkommen aus dem Immobiliengeschäft unversteuert.


Die hier verwendeten Zahlen stammen größtenteils aus dem Geschäftsbericht der für das Jahr 2021.